Dieses Mal kam ich nicht durch. Ich bleibe ja beim Boarding immer bis zum Schluß sitzen. Hab nie die 1-3. Immer die 5. Und dieses Mal wurden wieder die Passagiere aufgerufen ihr Taschen in dieses Handgespäckabmessstation zu stecken, um zu checken, ob die Tasche doch eingecheckt werden soll. In München hat es ja geklappt, das einfach zu ignorieren. Jetzt aber nicht. Also bat man mich meinen Rucksack doch einzuchecken. Nochmal raus. Mist. Ich war jetzt die letzte Person am Gate. Mehrmals machte das Personal darauf aufmerksam, dass das Gate jetzt geschlossen wird. Mit Durchsage. Kam mir vor wie bei ‚Wetten Daß?!‘. Habt ihr sie noch alle? Ich schnell meinen Jutebeutel mit den wichtigsten Sachen vollgestopft: Laptop, Powerbank, Trinkflasche, Papiere, Wohnungsschlüssel. Also alles das, was ich brauche, wenn mein Rucksack niemals in Berlin ankommt. Da traue ich niemanden. Obwohl – Air Canada. Da habe ich noch ein bisschen Vertrauen. Dann habe ich mich auch noch verletzt. Ich blute. Ich war also die panische Deutsche, die auf dem Teppich am Gate J10 kniete und noch schnell ihren Rucksack für die Aufgabe schick gemacht hat. Ich kann die Träger so wegstecken, dass sie bei einer Gepäckaufgabe oder beim Stapeln nicht im Weg sind, bzw. auch nicht kaputt gehen können. Gut, dass ich das schon zig Mal machen musste. Und nochmal der Aufruf: ‚Wir bitte alle Passagier nach Montreal mit Air Canada zu Gate J10 zu kommen. Wir schließen jetzt das Gate.‘ Ich knie immer noch. Man hat mich hier aus meiner Coolness raus geholt. Gerade war ich mir so sicher, dass ich mit meinem zu schweren und großen Rucksack durchkomme. Mir reicht man noch ein Taschentuch für meine Wunde. Einmal noch in die Kamera gucken. Grünes Licht. Ich darf dann. Ich sehe noch, wie mein Rucksack – weder mit meinen Schlössern gesichert, die ich vor der Reise gekauft habe, noch so gepackt, dass er rumgeschleudert werden kann. Super, Frau Klamm. Und nun! Mein Auftritt. Mit Pridesocken in Birkensstocks und einem Jutebeutel mit dem Berliner Bär (auch bunt!) als Letzte in den Flieger. Heidi Klum wäre stolz. Und GO! Gib alles. Lächeln. Alle scharren schon und wollen los. Ja, aber nicht ohne mich. Die alten weißen Boomerpärchen gaffen. Chillt mal. Und damit das Bild komplett ist. An meinem Jutebeutel hängen noch meine abgeranzten adidas-Sneacker. Ich bin ein Klischee. Schön. Tach, ich bin Frau Klamm, 41 und aus Berlin und heute bissi verpeilt. Jetzt heißt es, ich als strukturierte Person, mich dadurch nicht durcheinanderbringen zu lassen. Alles ist ok. Du hast alle wichtigen Sachen bei dir. Wäre schade, wenn der Rucksack oder die Sachen wegkommen, aber es ist kein Untergang. Ich weiß das. Aber hier muss ich lockerer werden. Ich schaffe es. Der Herr neben mir fragte mich, ob er sich zu seiner Frau eine Reihe vor uns setzen kann. Klar. Jetzt habe ich eine Reihe für mich und kann vor dem noch immer gaffenden Boomertyp meinen Jutebeutel sortieren. Hatte ja alles nur so reingeschmissen. Jetzt hab ich mich beruhigt. Ich muss auch runterkommen, denn erstens ist nichts passiert – denn ich wusste, das mein Rucksack zu groß ist und zweitens habe ich noch einen 11stündigen Flug vor mir, wenn ich in Montreal angekommen bin. Also mach ich mir das jetzt nicht schlecht. Darin war/bin l ich (manchmal) nicht gut.
Vielleicht wird mir, durch diesen in wenigen Sekunden gepackten Jutebeutel, auch bewusst(er), was ich wirklich brauche. Zahnbürste, Cap, zweites Paar Schuhe, Laptop, Powerbank. Ich habe alles, außer Wechselklamotten. Gar nicht so schlecht diese Situation. So komme ich besser runter.
Ich habe noch die Kacktüten in meiner Tasche gefunden, die ich immer dabei hatte, wenn ich mit Ellie in Miami Gassi gegangen bin. Ich habe sie heute morgen um 8 Uhr bei der Dogsitterin abgegeben. Das ist mir so schwer gefallen. Ich habe danach geweint. Heftig. So viel Liebe war das. Jetzt kann ich das noch mehr nachvollziehen, wenn Menschen davon berichten. Wir waren 2,5 Wochen 24/7 zusammen. Morgens ist sie aufgewacht, kam zu mir und hat ihren Kopf in meine Hände geschoben und sich einfach an mich oder auch auf mich fallen lassen. Und dann haben wir noch ein Runde gepennt (bis zu 2h). Wir kamen aus dem kuscheln, chillen und spielen (und essen) nicht mehr raus. Bestes Team. Es gab auch Momente, wo ich ausgerastet bin. So verfressen diese Rasse. Alles musste sicher sein vor ihr. Man wird so gut miteinander, dass ich genau wusste nach dem Frühstück schläft sie erstmal 3 Stunden. Natürlich neben mir und auf dem Rücken. Gekrault von mir. Und was habe ich mir für Sorgen gemacht, als sie morgens mal Schaum erbrochen hat. Oh, ich kam aus dem googlen gar nicht mehr raus. Ich bin ein Helikopterfrauchen. Ich vermisse sie so sehr. Hoffe, dass das bald weggeht. Sind zu viele Emotionen für mich. Ablenken jetzt! Schnell. Ich habe nur noch 9% auf dem Laptop. Mein Ladegerät habe ich nicht eingepackt. Daran hatte ich nicht gedacht. Jetzt Mucke aus meiner Miami-Playlist, die aus Songs aus Serien und Filmen meiner Netflix und Apple TV-Sessions der vergangenen Wochen stammen.
Ab Montag wieder arbeiten. Ich freue mich auf eine Kollegin, die extra Montag ins Büro kommt. Und dann sind es nur noch wenige Tage und ich bin, hoffentlich mit weniger Kilos auf dem Rücken!, wieder unterwegs. Ich habe mich gegen Thailand als Start entschieden. Gar kein Bock auf das alles da. Nicht mein Favorit. Noch nie. Da hatte ich mich verrannt und dachte, da muss ich starten, weil ich das einmal so überlegt habe. Quatsch. Also, Südkorea, ich komme. Hostel ist ab dem 6.10. gebucht. Countdown läuft. Ich bin bereit.
Schreibe einen Kommentar