Seoul

Eine tiefe Verneigung, als ich meiner Mitbewohnerin Zahnpasta geliehen habe. Ein leichtes tippen auf meine zarte Schulter. Mir wird sofort ein Smartphone unter die Nase gehalten. Kenn ich schon aus China. Also lese ich: Kann ich mir Zahnpasta von dir leihen? (auf English natürlich!). Kein Problem. Zack hatte sie in einem 4qm Hostelzimmer mit 6 Betten meine Reisetube in der Hand. Ich bin ja organisiert. Verneigung. Verneigung. Ich bin nicht die Queen.

Aber fangen wir von vorne an. Ich immer schön damit angegeben, dass ich nur mit Handgepäck reise. Ist ja gut, Frau Klamm. Wir wissen, dass du mit wenig Zeugs auskommst. Es darf ja auch nur ein 45l Rucksack sein. Aber ich kann dieses Ding ja auch aufgeben, um entspannt am Gate zu sitzen und nicht mit einem Klotz auf dem Rücken durch die Terminals zu laufen. Ich habs ja jetzt verstanden und lasse zu. Mach doch nicht so eine Show draus. Ich also schön brav die Erste am Gepäckschalter. Fertig. Vorher hat mich noch eine New Yorkerin panisch angesprochen, ob der Schalter bald öffnet. Ich habe versucht sie zu beruhigen. Ist mir gelungen. Ab zur Sicherheitskontrolle – mit Termin versteht sich. Also nur mit dem wichtigsten Zeugs am Gate warten. Ich hätte alles, was ich zum weiterreisen brauche, dabei. Ich müsste mir neue Klamotten kaufen. Haben wir das auch überwunden.

Erst nach Helsinki und dann ab nach Seoul. Knapp 12h. Beim Boarding ließ sich die Dame am Schalter Zeit und machte ein stutziges Gesicht. Ich schon panische Gedanken, ob was mit meinem Pass oder der Boardingkarte nicht stimmt. Sie las laut ‚Klamm…Klumm‘ vor und lachte. Ich sag’s euch doch. Ich sehe mit Birkenstocks aus wie Heidi. Machen wir uns doch nichts vor!

Beinfreiheit habe ich mir erkauft. Hat sich gelohnt. Anders hätte ich das nicht geschafft. Breite geht, aber die Länge wäre Horror geworden. Da immer am Notausgang – also auch die Kleinkinder in der Nähe. Die Babybetten rastet man dann in die Wände neben den Klos ein. Man kennt es. Ich strecke meine Beine also aus, weil ich es kann und dann hatte ich von den hektischen Eltern (Kein Vorwurf! Ist einfach nicht ohne mit Kleinkindern/Babys zu fliegen!) Babybrei auf meinen Socken und der Hose. Orange auf Blau. Hat was. Keine Verneigung, aber es war den Eltern sehr unangenehm. Alles ok. Her mit den Feuchttücher. Ist ja gut. 4 reichen. Kümmert euch jetzt um die Kleene, die immer zu mir guckte und ich ihr 11h regelmäßig die Zunge raussteckte. Sie hatte Spaß. Ich auch.

Ich habe auf Tom Cruise gehofft, aber nichts Besonderes bei den Filmen dabei. Aber Absolutely Fabulous bei den Serien. Noch nie erlebt. Göttlich. Neben 30 Rock, Will & Grace meine Lieblingsserie. Zwischendurch Tee und Essen. Es gibt angenehmeres als Holzklasse und 11h. Ich stehe regelmäßig auf und mache meinen Rückenübungen. Ich habe jetzt 8 Langstreckenflüge mitgemacht, aber auf diesem ist mir eine Sache aufgefallen. 90% der Passagiere putzten sich nach dem Essen die Zähne. Lang, jede Seite. Oben und unten. Vorbildlich. Häh?! Noch nie beobachtet. Eine koreanische Cricketmannschaft war auch an Board und zu 90% waren es auch Koreaner. Na gut, dann ich auch. Gute Idee. Dann ist Schlafenszeit. Business Class ist halt bequemer – machen wir uns nichts vor. 7h (und mit Tom Cruise!) gehen schnell rum, aber ölf spürt man.


Immigrationzettel noch im Flieger ausgefüllt. Korea und Deutschland (und auch noch andere Staaten) haben für 2024 ein Abkommen. Einreise ohne K-ETA – also einfach rein und wieder raus. Kein Visum beantragen nötig. Tourismus muss angekurbelt werden und strategisch politische Entscheidung. Leerer Flughafen oder einfach nur anders organisiert. War in China auch so. Es bildeten sich nie Menschenmassen. Personal ohne Ende. Corona ist noch zu sehen – Schilder, Schilder, Schilder. Zack – Fingerabdrücke, Foto und Pass gescannt. Und auch wie in China …ich musste für das Foto am Tresen in die Hocke gehen.

Geschafft. Nach meinem Ausreiseticket, was man in manschen Ländern vorzeigen muss, wurde nicht gefragt. Ich hatte mir 12h vorher noch ein sogenanntes Onwardticket gekauft. Eine Erfindung von digitalen Nomaden. Du reservierst dir für 17 $ ein Flug und bekommst eine Buchungsbestätigung. Nach 48h wird dieser Flug automatisch storniert. Somit habe ich immer einen ‚echten‘ Fug und kann bei der Einreise einen Rückflug vorweisen.


Eine SIM-Karte hatte ich mir schon reserviert. Nur noch abholen. Aber erstmal einen Tee und Kippe. Solange der Tabak noch reicht – rauche ich. Dansch ist wieder Schluß. Was ein Service – SIM-Karte wird mir eingesetzt und geprüft, ob alles klappt. Man musste eine Nummer, wie beim Fleischer ziehen und eine lange Schlange. Zack. Data. 15 Tage Flatrate. Check. Jetzt eine Busfahrkarte ins Centre Ville. Easy. 10 Bushaltestellen. Alle fahren im Minutentakt. 1,5 h bis zum Hostel. Perfekt. Aus dem Fenster starren.

Vor dem Hostel, weil im Künstlerviertel, ein Instagram Hot Spots mach dem anderen. Und man sieht im Hintergrund den Seoul Tower. Das gibt Likes. #Seoul. Ich laufe einfach weiter. Müssen die wissen, ob se ne große dicke Berlinerin auf dem Foto draufhaben wollen. Hostel im 3. Stock. Eine Etage 5 Räume je 6 Betten auf 4 qm. Träumchen. Nicht. So klein. Kaum Abstellfläche. Eher gar keine. Nur auf den Spinden. Puh. Hier musst du dich richtig gut organisieren. Was bleibt im Spind, was muss du sichern und was kann im der Koje liegen bleiben. Der Rucksack passt nicht in den Spind. Das ist scheiße. Und darum stehen auch im Hostel in den Fluren überall die ‚Überseekoffer‘. Also habe ich 1h damit verbrauch umzupacken und zu arrangieren. Mein Rücken ist verkrampft. Das ist die Anspannung und die lange Reisezeit. Erstmal Rückenübungen in meiner Kajüte. Faszienball habe ich dabei.

Wie in China kommt heißes und kaltes Wasser aus der Wand. Tee in Sekunden. Das baue ich auch in mein Tiny House ein.


So richtig begreife ich noch nicht, was ich hier vorhabe. Ich werde die ersten Tage auch erstmal chillen und mich treiben lassen. Keine Pläne machen. Den Jetlag auffangen. Darm und Magen wieder in Einklang bringen. Die haben die letzten Tage kein gutes Leben geführt. Morgen offizieller Tag 1! Detox. Leckeres und gesundes Essen …chillen. Das beste an der ganzen Aktion. Ich habe Zeit. Mich treibt kein Rückflug, den ich in 4 Wochen antreten muss. Ganz anderes Gefühl mit seiner Zeit umzugehen. Weniger Druck. Ich bin gespannt, was ich daraus mache.

Gute Nacht.

Seoul // The Cube Hotel // 7.10.24 // 23:38 Uhr

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1 Kommentar

  1. Da bist Du schon: Mit dem ersten Tee auf dem Balkon! Großartig! Schöne Szenen. Mit Lerfaktor (Onwardticket, SIM-Karte vorbestellen). Lass Dir das Essen schmecken!

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