Das Busticket habe ich schon. Aber kein Guthaben mehr auf meiner koreanischen BVG-Karte. Diese kann man nur mit Bargeld aufladen. Dafür aber in jedem Späti. Ich kratze meine letzten Taler zusammen. 1000 WON in Münzen und 710 hab ich noch auf der Karte. Damit komme ich definitiv noch an den Busterminal. Der erste Bus dahin fällt aus, das teilt mir die App ganz lieb mit. Auf koreanisch natürlich. Laufen müsste ich 46 Minuten. Alles noch machbar. Ein zweiter Bus fährt auch dorthin. 7 Minuten zu Fuß zur nächsten Haltestelle. Ich weiß nicht warum Busse dann einfach nicht auftauchen. Ich habe das Gefühl, die suchen sich aus, wo sie heute lang fahren wollen. Ich steige ein. Guthaben reicht. Das ist nämlich von Bus zu Bus auch unterschiedlich. Ich bleibe stehen mit meinem Rucksack. Besser ist. Aber jetzt die Gefahr Kafka der Käfer zu sein, wenn ich mich hier nicht festhalte. Alles klar. Geschafft. Ich sitze vor einem Monitor mit den neuesten Nachrichten zu den Raketen von Nordkorea in der Wartehalle vom Busterminal in Gangneung. Darum sind heute morgen so viele Militärflugzeuge unterwegs gewesen? Stundenlang hin und her. Anstatt Baywatch hast du am Strand das Militär. Schutz vor Kim. Alles krank. Es werden immer die gleichen Bilder gezeigt. Vor 10 Tage war die Tochter des Präsidenten noch nonstop Thema. Trunkenheit am Steuer. Mit gesenktem Kopf ging sie zum Gericht. Keine Emotionen. Aber dafür braucht du in Korea nicht angeklagt sein.
Ich hab noch 30 Minuten bis mein Bus abfährt. Auf zur nächsten Stadt. Ich vermisse das Meer und den Strand jetzt schon. Tut mir einfach gut. Und Wetter war auch Bombe. Es gibt 13 Tracks am Busterminal. Ich kann nichts lesen. Aber ein kleines Schild erklärt, wo ich auf meinen Bus warten könnte. Tiefenentspannt. Ansonsten nehme ich den nächsten. Ich frage kurz vor 11:30 Uhr den Fahrer, ob er nach Pohang fährt. Ein verdutztes Nicken. Ach Leute, gebt mir doch mal mehr Futter. So anstrengend. Sein Gepäck verstaut man selbst hinter den riesigen Kofferraumklappen. Die Sitze sehen aus, wie diese Massagesitze in den Shopping Malls. Du kannst dich komplett hinlegen, mit einem Klick. Ich hab gelacht und wieder mal kein anderer. Ich brauche ganz schnell ein Hostel mit Engländern, die verstehen meinen Humor. Wie lange geht die Fahrt? Ich habe keine Ahnung. In meiner App und auf keiner Website habe ich Infos dazu gefunden. Ich bin schon froh, dass ich ein Busticket kaufen konnte. Bis vor Jahren war das für Ausländer noch nicht möglich. Korea ackert gerade, dass der Tourismus angekurbelt wird. Bei den Raketentests müssen die das auch.
Wir fahren mehrere Kleinstädte an der Küste ab. Grau und keine Spur von Seoul und das bunte Leben. Stahl, Müll, Militär. Aber das Meer. Nach 2,5h die erste Pause. Der Busfahrer ruft laut irgendwas. Einige verlassen den Bus. Meine Chance. Ich bleibe in der Nähe, denn ich habe keine Ahnung, wie lange die Pause geht. Morgens habe ich mir in meinem Stammrestaurant, dass 24h geöffnet ist, leckere Gimbap geholt. Heute Morgen aber am Take Out-Automat, der keine Übersetzung hatte. Den im Laden an den Tischen konntest du auf USA umstellen. USA USA …also drücke ich einfach zwei Gimpab. Wird schon. In der Pause esse ich den ersten. Im Bus essen ist nicht gerne gesehen. Daran halte ich mich. Ohhhh. Scharf. War auch ein Sticker mit einer Chillischote drauf. Definitiv eine Warnung. Ich habe Knast. Geht schon. Mit Stäbchen stehe ich nun an einer Autobahnraststätte mit Blick auf das Meer. Genau so habe ich mir das vorgestellt. Mir geht’s gut. Es wird ein bisschen gegafft, aber das liegt bestimmt daran, dass ich meine Hosen in die Socken gestopft habe. Basecap. Große Frau, die was scharfes isst. Man sieht es. Ich puste und kaue abwechselnd.
Keiner kommt zu spät. Der Busfahrer ist der letzte. Das ist mir noch nie auf meinen Busreisen passiert. Gefällt mir. Links das Meer und rechts die Berge. Es regnet, aber die sich langsam verfärbenden Blätter der Bäume machen das wieder gut. Bis jetzt war hier noch Sommer.
Ich checke zwischendurch die MapApp. Nicht, dass wir in den Norden fahren. Aber wenn das Meer links ist …muss es korrekt sein. Orientierung kann ich.
Ich komme irgendwann in Pohang an und muss dann aber noch weiter. Für diese Fahrt habe ich noch kein Ticket und auch noch keinen Plan, ob was und wer fährt. Das finde ich dann vor Ort raus. Seht ihr, so entspannt bin ich schon. Wird schon. Auf mich wartet ein Hostel in einer Stadt mit vielen Attraktionen. 14 Nächte habe ich gebucht. Da wird bissl mehr los sein. Die letzte Tage war ich alleine mit dem Meer. Jetzt brauche ich wieder ein bisschen mehr Energie.
Nachtrag: Rucksack in Pohang aufgeschnallt und in den sozialistisch angehauchten Räumen nach einer Tickettheke gesucht. Gefunden. Ich war so schnell dran …voll verhutschelt. Hier kommt es mir jetzt zu Gute, das keine Emotionen gezeigt werden. Ich zeige auf eine Stadt in der MapApp. Das dumme ist, dass die Städte, die eingemeindet sind mit ‚-Si‘ enden. Man muss janz jenau sein. Nicht meine Stärke. Innerhalb von 3 Sekunden habe ich ein Ticket. Busf fährt in 2 Minuten ab. Moment. OK, schaff ich. Ich sage auf Deutsch laut (hab ich erst später registriert): Wo ist nun das Gleis 10? Alles sehr überschaubar. Und nach wenigen Sekunden saß ich schon im nächsten Bus. TOI TOI TOI.
Was ich an mir selbst beobachte. Ich mach einfach. Früher hätte ich erstmal ne Pause gemacht oder kompliziert überlegt, wo ich jetzt das Anschlussticket kaufen kann. Ich gehe noch pragmatischer und einfach an die mir bevorstehenden Situationen ran. Ich mag es mir dabei zu zugucken. Im Hier und Jetzt und einfach machen.
Nachtrag: Ich habe mir einen Engländer gewünscht und ich habe ihn bekommen. George von der Küste. Und ja, er hat meinen Humor verstanden. Danke. Das war ein Geschenk.
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