Ich wollte früh aufstehen, um eine Wanderung zu machen. Sonne geht ja schon um 17 Uhr unter. Aber ich habe so gut, wie seit meinem ersten Tag auf der Reise, geschlafen. Also 12 Uhr raus. Ab 10 Uhr geschnurpelt. Museum. Es geht zu TOTO. Ich sage ab sofort nicht mehr ‚Ich muss auf Klo.‘. Ich sage jetzt ‚Ich muss TOTO‘! Also die Toilette von TOTO, die überall eingebaut sind. Die alten Hocktoiletten im Tempel sind auch von TOTO. Ich rede aber von den geilen warmen Klomaschinen. Popodusche oder mehr …Musik. ‚Frauendusche‘, Fön. Egal wo. Strahl hier und Strahl da. Und wo ich zurzeit lebe ist der Hauptsitz von TOTO. Also ab ins Museum. Dass das Gebäude kein Klo ist enttäuscht mich. Da hattet ihr die Chance und nutzt es nicht. Alles in weiß. Rein. Verbeugung. Begrüßung, bis ich keine Stimme mehr habe. Es nervt. Audioguide. Broschüre. Alles wird dir aufgedrückt. Finde die Optionen gut, aber ich will es selbst entdecken und organisieren. Das mag ich an Japan nicht. Lasst mich bitte auch was machen. Ich verlerne sonst die Selbstständigkeit. Oder besser das Entdecken von Sachen, die mir gefallen könnten. Der Eingang von Museum ist auch der Eingang für Kunden. Alle Angestellten tragen Uniformen. Ich als Sporty Spice in Adidas mit roten Streifen. Blaues ausgewaschenes T-Shirt, Cappy,  rote Handschuhe mit Kulleraugen. Ich falle definitiv auf. Andere Besucher könnten auch hier arbeiten, wie die angezogen sind.

Übrigens Uniform. Die Schüler hier tragen Schulkleidung. Finde ich gut. Kindergarten und Oberschule. Unterscheidet sich. Aber die Mädchen tragen einen sehr kurzen Rock und keine Strumpfhosen oder Leggings. Bei 9 Grad!!!!!!! Die Eltern und der Rest schön fein in Wintermantel, Stulpen und dicker Hose. Hab ich hier was verpasst?!

Ich also mit der 1Personrolltreppe in den 1. Stock. Weiß. Weiß. Und wieder ein Begrüßungskommando. LASST MICH IN RUHE. Dieses Mal drehe ich mich dumm um und lese erstmal was. Ahhhhh ….dann will ich starten und nochmal ….ja, ja…hallo. Verbeugen. Ich starte. Und Zack es kommt eine Gruppe mit einem lebenden Guide in Uniform in meine Nähe. Zack Zack. Man kann hier Führungen für umme buchen. Ich aber allein mit Flyer und Audioguide auf dem Ohr. Die Geschichte der Sanitäranlagen Japans. Interessant. Dann kam TOTO und legte los. Anleitungen für das Volk, wie man sich auf eine Toilette setzt. Nix hocken Leute. Jetzt wird sich der Arsch gewärmt und TOTO gemacht. Ohne TOTO würde Japan nicht so wild auf diese Badekultur sein. Die Entwickler haben sich Ideen aus Europa geholt und dann ab den 40er losgelegt und Keramik in die Badezimmer gebracht. Bzw. das Badezimmer als Zimmer eingeführt. Büros ausgestattet. Neue Wohnviertel komplett übernommen und beliefert. Japaner duschen 11 x in der Woche. Öffentliche Badehäuser. Waschen auf einem Hocker und dann in eine heiße Quelle oder einfach nur heißes Bad. Aber jetzt alles noch geiler und bunter. Das Museum erzählt mit schönen Bildern einer Familie, wie sich die Wohnkultur verändert hat. Und TOTO ist Marktführer. Hotelbadezimmer werden deaigned. Und ich durfte dann im Museum auf das neueste Modell TOTO machen. Alles glänzt, piepst und strahlt …ich weiß nicht, wie man da noch hochkommen soll. Nur noch TOTO machen.

80er Jahre TOTO

Wenn ich an den Fingernägeln knabber, dann bin ich konzentriert und interessiert. Im Museum hab ich nur geknabbert. Blöd. Aber da merke ich immer, was mir gefällt und wo ich mich nicht ablenken lasse. Ich lasse mich auf einen Sessel (NICHT DIN-NORM) fallen. Mein Knie waren über meinen Schultern. Ich hasse es.  Ich dachte wir sind durch. Ne, das geht noch weiter. Einmal kam eine Person in Uniform und verbeugte sich vor mir. Wolltest wohl mal gucken, ob ich noch da bin oder eine Spionin bin?! Da hätte ich mich anders angezogen. Obwohl. Vielleicht clever so.

Geschafft. Jetzt Museumsshop. Man kann noch Toiletten TOTO-Gebäck kaufen. War klar. Und TOTO-Origami. Auch klar. Nein, danke. Und dann ein Abschiedsdrama. Alle Uniformen sagen danke und Tschüß. Und nochmal im Chor. Is ja gut. Ich gehe ja schon.

Noch eine letzte Verbeugung vor dem Wachmann mit Mütze vor dem Eingang. Kalt, wa?! Ich laufe TOTO-selig weiter. Ich hatte heimlich eine Banane im Vorführraum gegessen. Ich dachte die Uniformen kommen um die Ecke und führen mich ab. Denn Essen generell überall und öffentlich ist sowas von unnatürlich hier und nicht gern gesehen. Jetzt brauchte ich aber einen weiteren Snack. Dass ich später in mein Lieblingsrestaurant gehe wusste ich schon. Daher ein Onigiri im Späti. Ich entscheide zur Zentralbibliothek zu laufen. Die ist gleich um die Ecke. In so einer kleinen Stadt auch nicht schwer. Ich habe Knast und esse jetzt diesen Snack öffentlich. Hängt mich doch. Dann spielen wir Iran. Leckt mich. Ich mampfe. Neben mir eine Frau mit einem Becher TO GO. Sehr ungewohnt. Koreaner haben ja auf jeden Fall einen Plastikbecher in der Hand. Immer!!!! Aber Japaner auswärts. Nein! Oder selten. Ich rede nur von den Städten, wo ich bisher war. Sie lächelt. OK, jetzt hab ich Angst. Ich lächel zurück und ich verbeuge mich. Sie auch. Mehrmals. Klar. Copy Paste, bis die Bandscheibe sich meldet. Herrje. Dann spricht sie mich an..OK, JETZT MUSS ICH TIEF DURCHATMEN. Was hier los ist?! Ich freue mich aber. Kontakt. Austausch. Gefühle. Im öffentlichen Raum und das nicht gestellt in einer Servicesituation. Ich bin so aufgeregt. Wir waren 3 Meter auseinander. Ohne uns abzusprechen wurde der Abstand immer geringer. Jetzt kam ich mir wie eine Spionin vor. Sie fragte in einem Japenglish woher ich kam. Ich langsam: Europa. Germany. Deutschland. Und dann immer die gleiche Reaktion. Ein sehr energischen Nicken und zu verstehen geben, dass man ganz genau weiß was und wo Deutschland ist. Ich mag diese Reaktion und genieße sie. Einen älterer Mann am Strand in Korea hatte ich angesprochen, ob ich von ihm und seiner Crew ein Gruppenfoto machen soll. Sollen ja alle drauf sein. Er war sehr gerührt. Er fragte auch woher ich komme und er hat dann auch ganz aufgeklärt in Deutsch ‚Deutscheland Deutscheland!!!‘ gesagt. Das war eine schöne Begegnung. Jetzt zurück zu dem Treffen mit der Spioninnen in Japan. Sie nickte also und freute sich. Ich auch. Ein bisschen driften wie wieder auseinander. Ich hätte schnacken können. Im Hostel ist keiner. Und wo sonst? Ich will mich nicht aufdrängen. Ich laufe weiter. Wir haben beide die gleiche Richtung. Sie zeigt auf das große Gebäude vor uns. Ich nicke, jetzt bin ich dran: Ja, die Bibliothek. Da will ich hin. Ich liebe Bibliotheken.

Natürlich hätte ich gerne die Richtigkeit und Wichtigkeit von öffentlichen Bibliotheken für die Stadtgesellschaft, den öffentlichen Diskurs und der Teilhabe erzählt. Aber wie? Auf japanisch. Also ein simples: Ich liebe Bibliotheken. Sie freut sich. Weil? Ja, genau. Sie arbeitet dort. Ach. Sie freut sich, dass ich mich freue und ich freue mich, dass sie sich freut. Umarmen wir uns jetzt? Ich könnte das jetzt gebrauchen. In meiner Bürosession (Starbucks ist mein offizielles Büro auf meiner Reise!!) hab ich Homosexualität in Japan nachgeschlagen. Ist denen egal. Aber Unterstützung gibt es auch nicht. Wenn ich es jetzt schnell zusammenfassen muss.

Weiter. Wir driften wieder auseinander. Sonst fällt noch auf, dass sich eine Japanerin und einen Ausländerin anfreunden. Sie kommt wieder näher. Wie laufen immer weiter. Ist echt kalt geworden. Sie drückt mir ein Croissant in die Hand. Wie eine Oma. Wie ein Drogendeal. Hier hast du. Keine Wiederrede. Ist das ein 1. Du siehst schmal aus, Kind-Crossaint oder du siehst aus, als ob du gerne isst-Croissant oder 2. Ich will dir einfach was schenken-Croissant? Ich denke es ist 2.!!! Ich freue mich und nehme es gerne an. Sie biegt ab. Ich nach links, sie nach rechts. Mehrmals noch angucken und verbeugen. Das läuft hier so. Vertraut mir.

Ich suche den Eingang der Bibliothek mit einem Croissant in der Hand. Ein Betonlabyrinth. Filme und Serien wurden hier schon gedreht. Library Wars. Es sollen Fans hierher pilgern. OK. Dann gucken wir uns das mal an. Und Zack. Öffentliche Bibliothek. 80er Jahre. Oll. Alt. Schilder bis es schon unangenehm wird. Ich bin so verwöhnt von meiner (Ich arbeite nicht mehr dort, aber ich nutze sie noch!!!) Bibliothek, wo dafür gesorgt wurde die Raumkonzepte regelmäßig zu überarbeiten. Zu erneuern. Wie es möglich war. Denkmalschutz macht es ja nicht einfach. Aber es geht. Ich war dabei. Auch bei dem Konzept Bibliothek Heute wurden sich die Vorbilder aus Skandinavien gegriffen. Ein Ort für die Stadt. Aufenthalt. Lernen. Veranstaltungen. Gastronomie. Chillen. Ich muss hier abbrechen …also was ich hier sah, war einfach nur schade. Hier kannst du La Boum drehen ohne irgendetwas zu verändern. Oder The Breakfast Club, aber mit mehr Schildern. Hilfe. Das Gebäude richtig cool. Aber Innen eine Katastrophe. Ich laufe alles ab. Scanne alles. Schnappe mir dann die ELLE DECOR auf japanisch und hocke mich zu den anderen. Alles dabei. Jeder dabei. Kennen wir aus den öffentlichen Bibliotheken in Berlin. Ich fühle mich wohl. Aber nur wegen der Menschen. Nicht wegen des Interieurs. Eine Frechheit. Ihr habt TOTO-Klos und dann das??? TOTO baller hier doch mal Kohle und Personal für Raumkonzepte rein. Central TOTO Library Kokura – hier macht nicht nur TOTO machen Spaß. Ich lache laut. TOTO machen ist mein Highlight.

Ich blätter also von hinten das Magazin durch. Ja, ja – hier fährt man auf der linken Seite und liest von rechts nach links. Schick. So sieht dass hier leider nicht aus. Neben mir Menschen. Einer trägt ungelogen und nicht übertrieben 9 Masken. Hab gezählt. Er hat sein Handy in einer Plastiktüte. Sicher ist sicher. Rechts von mir ein Typ der murmelt. Er guckt hoch und sieht mich und muss zweimal hingucken. Ja, mein Freund. Hallo?! Na, du?! Er setzte sich dann zwei Sitze weiter. Das nehme ich persönlich. Ich falle auf. Definitiv. Denn ich zücke mein eReader und lese was zum Buddhismus. Eigentlich müsste ich die Stellenangebote von der Bibliothek recherchieren. Hier wird definitiv jemand für Marketing und Inneneinrichtung gebraucht.

Im Eingangsbereich sieht man eine Medienpräsentation. Überall das gleiche. Geht um gesunden Schlaf. Und dazu feini gebastelt eine Top 5 der Länder, die an Schlafmangel leiden. Deutscheland auf Platz 3. Und Japan auf Platz 1. Im Zug, U-Bahn, Café, Bibliothek, Schlange vor der Bushaltestelle …überall. Jedes Alter. Die Menschen hier sind müde und schlafen, wo sie können. Die Smartphones fallen schon aus den Händen im Zug. Junge Menschen. Kinder!!! Gruselig.

Ich gehe und habe vor mein Geschenk, das Croissant, in meinem Büro mit einem Milchtee ohne Sirup zu essen. Heimlich. Im Büro ist es schön warm und Ariana Grande schmettert Weihnachtslieder. Danach Dean Martin. Ich nutze den Mülleimer vor Ort und werde alles los. Die Bananenschale, 2KG Taschentücher, Quittungen, Onigiri Verpackung. Also mein Büro und meine Mülldeponie. Ich lese. Manchmal blicke ich auf und beobachte. Pärchen. Schüler. Ein Versicherungsabschluss glaube ich war auch dabei. Ich recherchiere ‚Japaner Dauerwelle‘, denn die Männer haben manchmal so krisselige Haare. Ja, ist damit mehr Volumen reinkommt. Wenn es euch glücklich macht, dann freue ich mich für euch. Muss das jetzt rauswachsen? Also 5 Jahre Welle, Baby. Ich lese weiter.

Jetzt will ich los. Nach 3h ist es Zeit. Feierabend. Ich wünsche meinen Bürokollegen noch eine schönen Abend. Croissant und Tee stopfen. Aber sowas warmes leckeres brauche ich jetzt noch. Dieses Restaurant ist eine Kette. Hab ich in Hiroshima entdeckt. Automaten. 4 Menüs. S, M, L, XXL. Beilagen ja oder nein. Für mich ein Traum. So macht Auswahl Spaß. Bin schon Profi. Bowl. Ei. Suppe. Und Salat pur. Da packe ich mir immer eingelegten Rettich ruff. Alles heute in L. 6 Euro. Passt. Dazu Wasser. Gibt’s auch am Automaten. Für umme. Dann solche Singlesitze. Man isst mit sich in einer Nische. Wenn man einen Spiegel anbringen würde, dann hätte ich ein Rendezvous mit mir.  Das Licht ist grell. Verweilen willst du dort nicht. Ich sehe hier keine Touristen. Das ist nicht der Grund, warum ich dort hingehe. Ich finde es unaufregend und lecker. Es muss nicht immer so ein ‚Oh ich bin in Japan und muss fancy essen gehen‘ sein. Nervt. Wie in Dokus aus Japan sitzen alle vor ihren Bildschirmen oder Mangas. Klischee und ich dazwischen.

Weiter. Jetzt noch Wasser mit Sprudel. Und ein kleines süßes Teilchen mit süßer Bohnenpaste. Die mach ich dann in der Mikrowelle warm. Dazu mein Tee, bevor ich schlafen gehe. Meine Routinen. Jeden Tag schreiben ich auf, was ich gemacht habe und klebe Bons, Eintrittskarten und Flyer in meinen Kalender. Im Hostel ist außer mir nur noch ein älterer Mann. Er liest und grüßt nicht. Japaner kann er schonmal nicht sein. Das Hostel ist ein Loft. Schick. Cool. Und ich schlafe in einem 20Bettzimmer. Eine weitere Person ist da. Sehen uns nie. Wie auch, sie schläft am anderen Ende des Raums. Alles komisch. TOTO Armaturen. TOTO Klos. Leider nicht die aktuellesten Modelle. Aber ich gebe mich auch damit zufrieden. 4 Nächte. Noch ein Tag und dann 5h mit dem Schnellzug zum Fuji. Sind die Züge auch mit TOTO ausgestattet. Ich werde berichten. Dann brauche ich ja gar keine Sitzplatzreservierung. TOTO machen die ganze Fahrt.

Mir geht’s viel besser nach meiner 5tägigen Krise. Ich kann gar nicht mehr sagen, was mein Problem war. Was eine Achterbahnfahrt. Was für eine Reise. Ein schöner Tag.