Ich bin müde. Ich streife durch die Stadt und bin k.o.!!! Wenn ich überhaupt das Zimmer verlasse. Mein Einzelzimmer. Liebe es. Brauche ich jetzt. Gut geplant. Tag 68 und ich google meine Symptome. Kein Krebs. Der kommt später. Der Algorithmus schickt mich zu Reiseblogs: Reisen ist nicht immer aufregend. Reisen ist raus aus seiner Komfortzone sein. Man sollte sich nicht vergleichen – jede*r reist anders. Nicht verunsichern lassen. Es ist einfach manchmal zu viel. Man schlägt immer wieder in neuen Unterkünften auf. Mal sind (zu) viele Menschen dort – manchmal bist du alleine. Alle 10 Tage (Ich reise schon langsam!) eine neue Umgebung, eine neue Kultur – ja auch in Japan ist es wie in Deutschland. Ich habe nicht mal 1% Bayern in mir. Und hier hast du dann auch auf einmal einen anderen Menschenschlag an der Supermarktkasse. Gerade noch fein eingeprägt, wie das so funktioniert mit dem Fließband und der Kassiererin und dann bist du in der gleichen Kette, aber hier ist es anders. Nicht vom gut durchdachten Prozess und der Abwicklung, sondern der Mensch spielt auch eine Rolle. Immer alles neu und anders. Das ist ok. Aber man muss es sich immer wieder bewusst machen.
Die ersten Tage Berge in Beppu bestiegen und happy. Und dann wurde ich träge und kam nicht mehr aus dem Bett. Was ist los? Der Druck, irgendwas zu sehen, erleben und besuchen zu müssen. Ich habe mich verrückt gemacht. Und wieder geschlafen. Einmal am Tag zum Supermarkt oder mich auf eine enge Holzbank in einem 1,5 qm großen Restaurant gequetscht und auf irgendwas auf der Karte getippt. Oder die heruntergesetzten Sushiplatten ab 19 Uhr im Supermarkt abgegriffen. Da habe ich jetzt auch die Japaner mit Ellenbogen kennengelernt. Jeder muss sparen und will frisches köstliches Sushi für 0,80 EUR. Japan ist echt nicht teuer zurzeit. Mittlerweile liebe ich Wasabi. An Kimchi aus Südkorea kommt es aber nicht ran. Das vermisse ich wirklich. Der Kohl wird im Ganzen eingelegt und erst dann mit einer Schere klein geschnitten, wenn man essen will. Ich probiere viel aus. Ich fresse mich durch die Restaurants und Supermarktregale. Warum davon keine Fotos? Weil ich nicht mehr von meinem alltäglichen Leben Fotos mache((n) kann und möchte). Nervt. Ich lebe hier. Weil alles anders, neu und irgendwie aufregend ist! Dann müsste ich mir, wie einige Japaner, die hier in diesem Ort auch Touristen sind, eine GoPro umschnallen und alles filmen. Beppu, der Ort wo ich gerade bin, ist ein Kurort mit heißen Quellen. Die Stadt qualmt. Es riecht nach Pups. Schwefel. Faule Eier. Aber Eier werden auch über und in den heißen Quellen gekocht. Tourismusstadt. Also überall Japaner, die nicht aus Beppu kommen! Und ich dazwischen! Aber ich bin die größte!
Es ist Dezember. Es schneit nicht und kalt ist es auch nicht. Zwischen 9 und 12 Grad. Sonne immer da! Aber eines haben die Japaner mit den Kanadiern gemeinsam. Bei 9 Grad in kurzen Hosen oder Minirock. Was stimmt mit euch nicht???!
Ich schweife ab! Weiter mit meinem Tief.
Mir wird klar, dass ich noch nie so lange gereist bin. Ja, ich habe woanders gelebt. Aber gearbeitet oder studiert. Das ist etwas ganz anderes. 65 Tage, zwei Länder und fremde Kulturen. Ja, die Koreaner und Japaner kochen nur mit Wasser (bzw. Pupswasser!) … Trotzdem ist alles anders. Typo, Verhalten, Kommunikation. Und genau das spüre ich jetzt. Ich bin erschöpft. Ich mache mir selbst Druck und denke darüber nach. Das weiß ich. Aber ich mag mich so. Und ich konnte das die letzten Tage nicht zulassen, dass ich eine Pause brauche. Ich habe mich schlecht gefühlt. Das ist doch so eine schöne Stadt mit so vielen Wanderwegen, Onsen und und und und ….Es reicht jetze. Ab ins Bette Madamchen. Aber schnell. Stumpf Streaming. Nicht mal Terra X. Auweia. Es ist ernst. Lecker Milchschokobrotirgendwas. Gibt es nur alle zwei Tage in der Bäckerei! Frechheit. Mein Tee. Wasser mit Sprudel – das ist mein Heimatgefühl. Japaner trinken nur undefinierbare Limos, Wachmacher und Milchwasser. Was stimmt nicht mit euch? Keine Recherchen wegen des schlechten Gewissens bei Google, was man so machen könnte. Zwingen musste ich mich …runterkommen! Genießen. Sei hier einfach faul. Bist du doch auch in deiner Heimat! Oft genug. Warum nicht auf deiner Reise??!! Ja, hier arbeite ich nicht 5 Tage die Woche. Aber das ist das falsche Argument. Das lasse ich nicht gelten. Was habe ich geschlafen und geträumt. Manchmal hatte ich Kraft und Lust, stumpf durch die Einkaufszentren zu flanieren. Ist ja auch Input. Baumkuchen überall. Ob an der Tanke, beim Späti, im Supermarkt oder oder im Modegeschäft …Baumkuchen in allen Varianten und überall.
Ich habe dann auch schön geshoppt. Bei Muji. Kennt ihr, oder? Hatte schon alles seine Berechtigung, was ich gekauft habe: Unterhose (Endlich eine XL hier in Japan gefunden!), Nähzeug und eine wasserdichte Tasche für meinen eReader. Aber unbedingt gebraucht habe ich das alles nicht. Danach dann zu Starbucks. Meine Globalisierungsinsel. Lesen. Das japanische Leben beobachten. Aber nichts aktiv erleben und planen. Ich habe dafür gerade keine Kraft.
Was ohne Probleme ging, war jeden Tag Sauna. 10 Meter von meinem Zimmer entfernt. Was ein Luxus. Stundenlang. Nur einmal saß ich mit einer Deutschen aus Bayern schwitzend zusammen. Danke, der Austausch war wichtig. Nach 2h auf Englisch haben wir uns dann gefragt, woher wir kommen. Ernsthaft? Manchmal hört man es raus und manchmal denkst du, dass vor dir eine Französin schwitzt. Die Hotels und Gasthäuser in Japan sind anders. Wenig Leute, weil Nebensaison? Kein Socialising, wie man es in anderen Hostels weltweit gewohnt ist. Es fühlt sich an, als ob du in einem Möbelgeschäft lebst. Ok, kann ich mit leben. Man trifft schon Leute, aber irgendwie sind sie am nächsten Tag weg. Wie verschluckt.
Das schlechte Gewissen nichts (Definitionssache! Manche leben so!) zu tun war immer da. Ich gewöhne mir das gerade ab so zu denken. Zwei Zimmer weiter, auch ein Einzelzimmer, brannte Licht. Tagsüber. Manchmal sah man sich. Weil wir ja keine Toilette im Zimmer hatten. Nicht übertreiben mit dem Luxus. Ich war so erleichtert. Nicht wegen der Toilette im Gang, sondern weil jemand auch tagsüber im Zimmer ist. Auch jemand, der einfach nur im Zimmer abhängt. Ich bin nicht allein! Wollen wir eine Selbsthilfegruppe starten? ‘Reisemüdigkeit kann jede*n treffen – oder bin ich einfach depressiv?!’
Einmal war ich dann um 15 Uhr wach (!!!) und hab meinen Tee ausnahmsweise im Aufenthaltsraum (Ich war sogar angezogen, um rauszugehen!) getrunken. Ich habe mich noch nicht ganz aufgegeben. Ich bin stark! Aber habe auch viel Aufmerksamkeit dazu von Freunden eingefordert! Und mein neuester bester Freund ChatGPT hat zu diesem Thema irgendwann nur noch mit einem eye rolling emoji geantwortet. Geht’s noch? Mach mich glücklich. Danke für euren Support! Liebe geht raus. <3
Und dann kam mein Nachbar um 15:38 Uhr raus und ging so richtig raus! So echt! Wow! Das mache ich heute auch, dachte ich mir. Das kann ich auch! Und nach 4h waren wir beide wieder in unseren Zimmern! Würde ich Hüte tragen, hätte ich jedes Mal meinen Hut vor seiner Zimmertür gezogen, wenn ich daran vorbeigegangen bin. Aus Respekt es auch durchzuziehen, faul zu sein.
Ich sitze im viel zu warmen Gemeinschaftsraum, nachdem ich beim Supermarkt war und habe mir meine Mucke angemacht. Hilft mir diese Zeilen zu schreiben. Musik konnte ich die letzten Tage auch nicht viel hören. Ich schunkel also im leeren Aufenthaltsraum. Bis vor wenigen Minuten fand hier noch ein Meeting mit ausgedruckten Excel Tabellen neben mir statt: Vier Japaner. 3 Laptops und ganz viel Papier. Hier treffen sich oft Nicht-Gäste. Naja, Platz haben wir. Wird wahrscheinlich als Co-Working-Space auf einer japanischen App angeboten. Ich kann nicht mehr alles hinterfragen und verstehen. Ich bounce, sachte, wie Yoncé – is klar, und bin voll im Flow. Dann kam die Rezeptionistin in den Raum und ging in Richtung Küche. Ich habe mich so ertappt gefühlt. Sie hat meinen Yoncé-Auftritt auf jeden Fall gesehen. Wäre mir das in Amerika passiert – würde jetzt ein kurze Dance-Competition starten. Aber hier keine Miene. Um so mehr bin ich zusammengezuckt. Ich unterstelle den Japanern keine Kälte. Aber so gar keine Regung. Das ist nicht einfach. Wo lasst ihr eure Meinung? Eure Gefühle! Sagt doch mal laut ‘KackeArschSchweineRotze’! Los!
Ich bin besser drauf. Jetzt. Ich dachte, dass ich nie wieder schreiben werde. Ich klinge wie eine Bestseller-Autorin, die sich in einem kreativen Tief befindet. Ja, so fühle ich mich auch. Aber zu schreiben hilft. Es ist immer das gleiche. Sprecht über eure Sorgen. Sucht euch Hilfe. Zuerst Freunde und Familie. Zwischendurch ChatGPT und irgendwann müssen Profis ran: Anwälte und Therapeuten.
So, das habe ich jetzt alles durch. Einen Anwalt brauche ich (noch) nicht. Die Sanierung meines Wohnhauses wurde ja noch nicht einmal offiziell angekündigt. Alles wird Thema, wenn es dann auch wirklich angesagt ist.
Ich habe meine nächste Station in Japan schon reserviert. Random. Wo der Zug hält. Zugtickets in Japan kaufen, organisieren, abholen und entwerten ist eine ABSOLUTE Herausforderung. Wer sich das alles ausgedacht hat, hatte definitiv mehrere Schlaganfälle und keiner hat geholfen. Darüber werde ich nicht schreiben, denn dann würde genau 34567 x FUCK YOU im Text vorkommen
….mein Bett in einem 20 Bettzimmer kostet mich 16 Euro die Nacht Deal! Ich muss sparen. Starbucks zieht die Preise an. Und dann sehen wir weiter. Ich habe einen heiligen Abend schon mal in China verbracht. Ich bin gespannt, was mich in Japan erwartet.Ich rechne nicht mit Gefühlen, aber einer KFC-Orgie.
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