Einmal im Jahr reicht mir nicht mehr. Fühle ich mich nicht mehr wohl. Noch vor Abflug zwei fette Füllungen neu. Meine erste Rechnung von einem Zahnarzt. Machen Sie doch eine Zahnzusatzversicherung … Ja ja …und auch eine Reinigung im September. Fein. Schön nach Korea.
Ich hab geraucht …hab das gebraucht. Und schwarzer Tee. Und meinen natürliche Zahnfarbe ist nicht Hollywood. Also suche ich mir eine ‚Zahnklinik‘ (das hat bei der Suche besser funktioniert) in Ôsaka raus. Ach, die klingen doch nett. Privatklinik. Schickes Interieur. English und innerhalb von 12h auf meine Anfrage geantwortet. So lieben wir das. Und jetzt gleich mal der Preis für meine deutschen Leser*innen …das wollt ihr doch wissen, ich weiß das!!! 169,99 EUR für eine Stunde.
Google zeigt mir eine Adresse, aber die stimmt nicht. Ich rufe an und die Dame, mit der ich auch Mailkontakt hatte, holt mich ab. 500 Meter musste sie laufen. So lieb. Sie fragt mich aus. Was ich in Japan mache? Wie ich auf deren Website gestoßen bin. Viele ‚Ausländer‘ kommen zu dieser Klinik. Alles sehr angenehm und japanisch. Es wird sich so um mich gekümmert. Ich wünsche mir manchmal eine Drecksansage von der BVG oder dass ich so richtig schön unnötig und unbegründet angepampt werde. Das ging mir in Kanada auch schon so. Als Berlinerin kaum auszuhalten. Please, abuse me!!!!
Ich sitze da nun mit frischem Wasser in einer schicken TinyKlinik. Alles in Erdfarben. Es wird nochmal der unangenehme Teil – Preisabsprache – abgewickelt. Ja, kein Problem. Sehe ich zahlungsunfähig aus?! Nein, muss einfach nochmal geklärt werden.
Ich komme mir mit meinem einem Outfit, was ich habe so naja …komisch vor. Ausgewaschen, bequem und oversize. So war ich in den 00er in den Hip Hop Clubs ungerwegs. Habe auch Gewicht verloren. Mein neuer gesunder Lebensstil lässt mich schrumpfen. Und so hängt mein C&A Oberteil 6XL auch an mir runter. Und auch nicht mehr richtig naja frisch. Letzte Wäsche vor 10 Tagen. Aber ich stinke nicht. Also schön vorsichtig jetze!!! Lebe aus einem 45l Rucksack.
Ich habe 3,5 Outfits. 1. Sporty Spice: Adidas Hose, Funktionshemd und Weste …nutze ich meist für die Natur. Wandern, mein neues Hobby. 2. Ich geh heute in die Stadt spazieren und einkaufen-Outfit. Eine Strumpfhose, falls es kälter wird. 3. Schlafanzug. Also ne Schlumpumpelhose und Longsleeveshirt.
Sandalen, Hausschuhe und Sneaker. 3 Paar Socken. 4 Paar Unterhosen. 2 BHs. 2 T-Shirts. Ein Longsleeve. Capy. Tuch. Wintermütze. Stirnband. Unterhemd. Und ein Ruckewärmer. Somit einmal alles aufgezählt. Und ein Hoodie, der als Jacke dient.
Es ist dringend eine Wäsche nötig. Hab ich dann aber erst nach der Zahnreinigung gemacht. Ich muss mich da jetzt beruhigen. Du bist so ok. Ich werde dann freundlich nach den Preisabsprachen in ein kleines kleines Zimmer gebracht. Die Klinik ist in der Stadt. Ein schickes schwarzes Tinyhouse. Und daher alles sehr eng und niedrig. Also für mich. Der Stuhl passt. In der Breite. Alles gut. In der Länge…nun ja. Die Person, die die Reinigung bei mir macht, spricht kein Wort English. Von der Dame am Empfang wurde vorher alles gebrieft. Ich hab Vertrauen. Ohne kommst du im Leben nicht weiter. Ich begrüße meine Heldin. Verbeugung. Verbeugung. Ich verbeuge mich automatisch, weil es so niedrig ist. Der Raum ist übrigens fast schwarz … Wände. Sitz. Tapete. Nur die Schränke und der Boden weiß. Stylisch. Genau mein Ding. Steril geht auch so. Es geht los. Ich werde nach hinten gefahren und liege waagerecht. Das muss so komisch aussehen. Also die Liege trägt nur 2/3 meines Körpers.
In Deutschland sind die Zahnreinigungen immer so ruppig. Also ob man dann weiß, es wird gearbeitet. Das Staubsauger gar nicht mehr laut sein müssen …aber dann denkt man, dass er auch schön fein saugt. Ach die Menschen.
Ich nicke fast weg. Es ist Wellness. Wie sanft. Wieder fühle ich mich wie in Watte gepackt. Zwischendurch ausspülen. Eh ich meinen langen Körper von dieser Liege hochgewieft habe. Meine Heldin lässt die Liege aber jedes Mal hochfahren. Einmal macht sie es nicht. Kein Problem. Ich schaffe es meinen Mund auch ohne Hilfe auszuspülen. Es wird hektisch hinter mir. Was ist los? Sie tippt etwas in ihr iPad. Es vergeht eine Minute. Dann zeigt sie mir eine Übersetzung: Es tut ihr leid, dass sie den Stuhl gerade nicht hochgefahren hat, damit ich angenehm meinen Mund ausspülen kann.
Jetzt reicht’s aber. Please, abuse me.
Weiter. Schleifen hier …. Sandstrahler da. Weihnachtsmusik lauft. Überall in Japan. Polieren als letztes. Ich bin happy. Die Übersetzerin vom Empfang fragt zwischendurch, ob alles in Ordnung ist. Ich frage, ob ich eine Einschätzung bekommen könnte, wie meine Zähne aussehen nach einer Zahnreinigung von vor 3 Monaten. Jetzt bin ich auf die japanische Höflichkeit gespannt. Wie weit geht sie?!
Sie ist ehrlich und sagt bzw. lässt übersetzen, dass es gut war zu kommen, wenn man weiße Zähne haben will. Ja, genau deswegen bin ich hier. Danke. Das muss ihr schwer gefallen sein.
Zum Schluss frage ich, ob sie mir eine Zahnpasta empfehlen kann, denn was ich hier in den Regalen sehe und gekauft habe …alles schmeckt nach Zucker. Und dann habe ich noch eine Zahnpasta gekauft. Hier wollt ihr auch den Preis wissen?! Invest in mich. Ich bin mein wichtigstes Instrument und das pflege ich.
Erste VISA-Karte funktioniert nicht. Aber Frau Klamm ist ja jetzt Kreditkartenbesitzerin. Stolz zücke ich die zweite …hat geklappt.
Ich nehme mir die Zeit einen Text in meine Übersetzungsapp zu tippen: Danke für die Behandlung. Ich habe mich sehr wohl bei Ihnen gefühlt. Danke.
Sie freut sich und bedankt sich.
Ich winke europäisch und laufe strahlend zum Hostel. Und jetzt die Wäsche.
Mutti
Ich hätte gern ein Foto vo den strahlenden Zähnen.