Knietief im Dispo. 2002. Wenige Meter vom KaDeWe meine erste Wohnung. Ausbildung Horror. Durchhalten. Keine Kohle. Ok, die Mieten waren erschwinglicher. 250 EUR für 35qm²?! Aber eine SMS hat damals noch 0,29 EUR gekostet. Daher gleicht sich das aus. Die VOGUE, InStyle und ELLE stapelten sich in meiner Bude auf dem roten Teppich. Das war meine Flucht. Der Luxus. Das Schöne. Der Glanz. Meine Bibeln. Lieber eine VOGUE kaufen als ein Brot. Fashion und Design in meiner Nähe hat mich mehr genährt.

Und dann war es soweit. Ich wollte auch etwas von dem Schönen haben. Ab zu CHANEL im KaDeWe. Immer an den Schaufenstern vorbei. Hermes. GUCCI. Prada. Mein Leben bestand bis dahin aus 2. Hand und H&M. Und für jedes neue Sneakerpaar musste ich hart arbeiten.

Aber jetzt. Was kann ich mir leisten?! Aha. CHANEL Emaille Ohrringe. Nehm ick. 160 EUR. Zweimal getragen. Nur schön zu Hause trapiert. Es hat mich glücklich gemacht. Jahrelang. Und das war ok. Es war symbolisch für ‚Du bist es wert‘. Ich habe mir etwas gegönnt. Auch wenn dann nur Tütensuppe drin war. Ich war satt. Bis heute. Ich liebe es.

Jetzt kann ich zu CHANEL reinspazieren und mir alles kaufen. Kein Problem. Aber es nährt mich nicht mehr.

Ich bleibe Fan. Das Produktdesign. Die Werbefotografie. Das Design. Luxus. Glanz. Schein. Ich verstehe die Faszination. Ich brauche das.

Aber ich kann heute entspannt am KaDeWe vorbeischlendern, ohne Sehnsucht zu haben. Und wieder wohne ich wenige Meter vom Tempel des Konsums entfernt. 20 Jahre später. Es funkelt. Glänzt. Ich brauche es nicht. Aber ich verstehe es.

3..2…1.meins. Die Ohrringe haben eine neue glückliche Besitzerin über ebay gefunden. Hoffentlich musste sie dafür nicht den Dispo ausreizen. Aber ich würde es verstehen.