Frauen und Kinder zuerst. Ne, die Zeiten haben sich geändert. Mein Rücken verfolgt mich seit 20 Jahren und ich habe alles versucht. Step by Step. Mit 20 war ich selbst noch nicht soweit die Ernährung und die verklebten Faszien als Teil der Ursache zu erkennen. Also wurden die ganzen Standard-MRTs gemacht. Es gab Zeiten, da hatte ich monatelang Ruhe. Nach einem heftigen Hexenschuss bin ich 2016 auf die Volkshochschule und deren Angebote „Beweg dich“ gestoßen. Nix mit Fitnessstudio (auch ausprobiert) oder Stretching im Park (keine Chance). Ich brauche Baumwollleggings, Kuschelsocken, eine Umgebung, die mich nicht ablenkt und regelmäßige Termine. Ich will nicht denken. Nur dort ankommen und machen. Ich will meine Ruhe und gesund bleiben. Schwer in Berlin. Aber mit der VHS möglich.

Ich hab‘ se alle durch. Rückenkurs freitags um 12 Uhr. Da hatte ich mal eine 4 Tage Woche. Ich war meiner Zeit voraus. Nunja, Zielgruppe 70+. Kickboxen, Zumba, Bauch-Beine-Po, Muskel- und Faszientraining (seit 5 Jahren!). Die VHS bietet Sommerkurse an. Das ist eine Chance, um mal neue Angebote auszuprobieren und neue Trainer*innen kennenzulernen. Ich habe einige Kurse abgebrochen, weil ich die Trainer*inen nicht ertragen konnte. Sind halt auch nur Menschen. Und ich habe auch meine Grenzen. 2022 war es soweit. Sommerkurs Schöneberg Barbarossplatz: Rückenschule mit Abel. 4 Termine. Gut, dann mal los. Hauptsache Bewegung. Neben mir noch drei Baumwollfrauen. Die große Turnhalle. 10 Sekunden und ich war verliebt.

6 Jahre lang kannte ich nur diese preußischen Ansagen: Jetzt das. Jetzt das. Jetzt wechseln. Links. Rechts. Weiter. Jetzt wieder zurück. Ja, ich habe mich bewegt und wurde korrigiert. Alles gut. Ich war zufrieden und bin gesund geblieben.

Aber es geht auch anders. Fließende Übergänge. Die Anweisungen sind sooooo leise und ruhig erzählt. Mit so viel Liebe. Ich lag auf meiner Matte und war nach 2 Minuten so entspannt und gleichzeitig so herausgefordert von den neuen Übungen. Sätze wie ‚Jetzt haben wir einen Moment mit dem Yogablock‘ sind einfach Zucker. Viele verstehen ihn nicht gut. Akustisch und von der Aussprache. Ja, das kann ich nachvollziehen. Aber genau das will ich. Fließende Übergänge in den Übungen. Neue Übungen. Nicht der Standardrotz. Es fühlte sich an wie ein Tanz. Jahrelang wusste ich nicht, was mir fehlte. Ich wollte meine Ruhe haben und gesund bleiben. Check, check. Jetzt bekomme ich auch noch ganz viel Liebe. Meine erste Stunde mit Abel und ich wusste, diesen Mann darf ich nicht verlieren.

Nach 45 Minuten Rückenschule mit Abel schwebe ich. Das war Tanz, Yoga, Pilates und Faszientraining in einem. Wie geht das? Attacke! Wer bist du und wo warst du in den letzten Jahren in meinem Leben? Ich habe mich nicht zurückgehalten. Ich bin auf ihn zu und hab ihm gestanden: Das war das Beste, was ich je für meinen Körper getan habe. Ich stand selig und dankbar vor ihm. Wo unterrichtest du noch?

Seitdem bin ich sein Groupie. Im Sommer zwei Ferienkurse mit Abel und sonst jeden Freitag von 18:30 bis 21:00 Uhr.

Noch nie habe ich mich nach einem Kurs so gut gefühlt. Abel ist Tänzer. Es ist eine Mischung aus Yoga, Pilates und Tanz. Ich habe mich noch nie so bewegt und bin noch nie so an meine Grenzen gegangen.

Die Welt geht unter (wir sind dabei) und wenn dieser Titanic-Moment kommt. Ich kann überleben. Wen und was nehme ich mit? Die letzte Chance. Was brauche ich? Wen will ich retten? Frauen und Kinder zuerst? Nein, auf keinen Fall. Mein erster Gedanke: Ich darf meinen Pilatestrainer nicht verlieren!

Danke Abel. Du bist eine Bereicherung. Und nichts und niemand kann mich überreden oder ablenken deine Kurse zu schwänzen. Deine Kurse halten mich am Leben.

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Bewegt euch! Berliner Volkshochschulkurse