Ich ziehe durch. Raus aus der A-Zone. Einfach heißes Wasser abfüllen. Funktionsunterwäsche und los. Dieses Mal der M19. In 4 Minuten fährt er am KaDeWe ab. Und 4 Minuten habe ich die Chance Menschen dabei zu beobachten, wie sie ein Selfie mit dem Kaufhaus machen. Heute prangt groß SALE über dem Haupteingang. Was ein schönes Motiv. Eure Freunde in Bayern werden platzen vor Neid.
Ich steige hinten ein. Weil ich es kann und seit 1999 wieder darf?! Oder ab wann durften wir wieder? Ich sitze oben und cruise mit 30km/h über den Ku’damm. Konsum. Konsum. Knackevoll. Wenigstens sind es jetzt alles Papiertüten. Hat Primark damit nicht sogar schon 2010 vorgelegt? Endstation S-Bahnhof Grunewald. Ab in den Wald. Einfach erstmal geradeaus. Wieder niemand in meiner Nähe. Da schimpft man immer, dass man seine Ruhe will und dann kommt leicht Panik auf, wenn man alleine einen Waldweg entlang geht. Oh, ein Parkplatz. Mir geht’s wieder besser. Aber in der gleichen Sekunde finde ich es natürlich total lächerlich mit einem Auto an den Waldrand zu fahren und flüchte.
Ach hier ist der Teufelsberg. Ich darf niemanden erzählen, dass ich gebürtige Berlinerin bin. Ick weeß nüschd. Aber in Paris laufe ich ohne mich zu verlaufen so, dass ich zum Friedhof von Oscar komme. Ist doch klar. Weiß man doch?!
Ich nutze eine App, um mir sicher zu sein nicht in Brandenburg zu landen. Alles Pärchen. Kaum Menschen alleine unterwegs und wenn, dann hat der Vater sein Kind verloren oder man riecht das Gras schon. Jede*r wie er will. Hoffe das Kind ist lebend gefunden worden. Ich checke nachher mal die Schlagzeilen der BZ: ‚Kind weggelaufen. Arschaufriss. Ohne Schnee und Schlitten die Rodelbahn am Teufelsberg runtergerutscht.‘
Ich hatte schon Sorge GUCCI und Prada zu begegnen. Der Grunewald ist ja das Ausflugsziel der City-West Berliner*innen. Also in den 00er war das so. Ich muss öfter raus. Ich habe 20 Jahre Berlin verschlafen. Was hab ich in dieser Zeit gemacht. Ach ja, ich erinnere mich. Versucht Karriere zu machen.
Ich sehe den Teufelsberg. Hip. Wieder Instagram Kulisse deluxe. Die Jugend ist auch da. Die Baggypants schleifen im Matsch. Ach, Kinder. Ich erstmal mein Teechen. Blick auf Berlin. Keine Chance. Nebel. Kalt. Nieselregen. Ich genieße trotzdem. Wald reicht.
Weiter. Niemand da. Ich gebe zu, dass mich das bissl panisch macht, wenn so gar kein Mensch zu sehen ist. Dann checke ich immer gleich, wann die Sonne untergeht und rechne mir meine Überlebenschancen aus. Akku bei 20%. Keine Powerbank mit. Bereue ich sofort. Wirklich wahr. Ich bleibe eine betonierte Großdtädterin. Ich stehe dazu. Und ist das da hinten ein Wolf? Ich bin verloren.
Ich gehe schneller. Jogger streifen mich. Danke. Hilft. Gleich nach. Also gehen. Soweit kommt es noch.
Einmal rum. Eine Kunstgalerie ist hier also. Die Bilder kennt man ja aus den sozialen Medien. 8 EUR Eintritt. Ist da der Hashtag #Teufelsberg für Insta inkl.? Nö, kein Bock.
Abstieg. Einmal Himalaya hinauf und zurück. Meine Lungen freuen sich. Reicht.
Verstanden. Ob nun 3,5h im Bett chillen oder kurz raus in die Natur. Meine neue #ArschHoch- Kampagne. Ich wette aber noch keinen Euro, ob ich das durchhalten.
Und wenn ich das Aufladekabel auf dem Heimweg in den M19 reinstecke fühle ich mich so richtig #BackpackerStyle. Das nackte Überleben im Grunewald.
Gegen meine ‚Ich sterbe alleine im Wald‘-Attacken werde ich jetzt an einem Survivaltraining in Bolivien teilnehmen. Sicher ist sicher.