Meine Mitbewohnerin unter mir ist so ordentlich, fast schon zwanghaft. Dagegen bin ich ein Messie. Und wer mich kennt, weiß jetzt wie krass sie drauf sein muss. Sie ist eine Longterm. Also eine Travelerin, die im Hostel lebt und in Melbourne arbeitet. Ihre Schicht geht immer bis 2 Uhr. Ich weiß nicht, wo sie arbeitet. Wir kommunizieren ausschließlich über Themen, die unser Zusammenleben organisieren. Ich habe sofort erkannt, dass ihr Ordnung wichtig ist und ich respektiere das natürlich. Boah bin ich gut drauf. Sie versucht meine Art zu leben und meine Dinge zu lagern zu akzeptieren. Das unterstelle ich ihr. Ich treffe sie im Badezimmer und frage sie, ob wir in der Nacht das Fenster ein bisschen aufmachen können. Frische Luft. Sie fröstelt schnell. Sie ist einverstanden. Und bedankt sich sehr herzlich, dass ich frage. Wir haben ansonsten so gar nichts gemeinsam. Na gut, die Liebe zur Ordnung. Aber da ist das Spektrum groß.
Wir haben Austausch darüber, ob wir den Ventilator jetzt auf Stufe 4 oder 2 stellen. Ausführlich. Wer welche Steckdose für seine zig elektronischen Geräte nutzen kann.
Ihre Koffer (2!) stehen jeden Tag geschlossen und ordentlich neben ihrem Bett. Eigentlich sieht es so aus, als ob sie in den nächsten Stunden auscheckt. Wie macht sie das?
Ich mag sie sehr. Weiß aber eigentlich gar nicht so richtig warum!
Mir fallen von meinem Hochbett natürlich auch mal Dinge runter, die auf ihrem Bett landen. Das muss Horror sein. Aber sie versichert mir ausführlich, dass das ok ist. Kann ja passieren.
Ich will heute mal um 14 Uhr ins Bett gehen. Chille. Ihr Licht ist an. Stört mich alles nicht. Ich habe ja jetzt die Lösung: eine Schlafmaske. Nach 4h zuckt sie zusammen, als sie mich im Bett sieht und entschuldigt sich, dass sie das Licht ausgemacht hätte, wenn ich schlafen will. Ich habe gelernt nicht I do not care zu sagen, sondern All good! Ich versichere ihr, gefühlt 4 Minuten lang, das alles OK ist. Entspann dich. Mach dein Ding.
Rücksicht. Respekt. Toleranz. Zusammenleben auf engstem Raum. Für mehr als 7 Tage. Wer will mit offenen Fenster schlafen und wer nicht? Wer knallt die Türen? Wer trägt sein Parfum im Zimmer auf? Wer hört seine Sprachnachrichten laut ab?
Ich habe viel gelernt. Kommunikation. Sprich die Person an. Lerne sie kennen. Und dann entscheide, ob sie ein Arschloch ist und dann kannst du immer noch hassen. Aber erstmal in den Dialog gehen. Bin das noch ich? Australien, was machst du mit mir?!