Kann man machen. Ist eine Stadt. Eine große. 11h Zug von Melbourne mit einem Bummelzug für 60 EUR. Ich dachte, dass ich mir die schöne Landschaft angucken kann. Dass es 11h Brandenburg wird, kann ja keiner ahnen. Man konnte im Zug warmes Essen beim Schaffner bestellen. Trinkwasser stand immer zur Verfügung. Tee und Snacks konnte man im Bistro kaufen. Bequeme Sitze, aber ein alter Zug. Kein WLAN und USB-Anschlüsse. Ich habe es überlebt und hatte nur wenige Meter vom Hauptbahnhof ein Hostel reserviert. Gemischtes Zimmer. Ganz anderer Vibe, wenn sich Geschlechter mischen. Ich weiß noch nicht warum. Ein Gefühl. Ein abgeranztes Hostel. Aber eine große Küche. Das ist wichtig.
Ich empfinde keine Panik mehr, irgendetwas zu verpassen und bin nicht mehr dieselbe, wie noch vor 5 Monaten. Ist halt eine Stadt. Ich werde schon was schönes sehen. Für den ersten Abend hatte ich mir noch in Melbourne eine Opernkarte besorgt. La Traviata. Ja, in dem berühmten Opernhaus. Auf der Website habe ich mich erkundigt, ob man da jetzt in Polyesterkleid ankommen muss. Wie in der Semperoper: Machen Sie sich keine Sorgen! Kommen, wie Sie sich fühlen und wie sie sind! Sympathisch. Mein Outfit: Birkenstocks aus Plaste und Jogginghose – immerhin auch aus Polyester. Ich bin völlig im ‘Ich trage das, worauf ich heute Bock habe und ganz wichtig, was sauber ist!’. Immerhin Creolen und Lippenstift. Nobel geht die Welt zugrunde. Aber unter den Besucher waren aber sowas von aufgedonnerte Outfits dabei. In der Pause saß ich neben einer schönen Frau, die in einem knallroten Abendkleid mehrmals angesprochen wurde, wie gut sie aussieht. Und was ist mit mir?? Frechheit. Ich komme aus Berlin, Alta! Street Credibility! Alles in italienisch und mit englischem Untertitel. Seifenoper auf der Bühne! Bravo! Standing Ovation! Na, übertreiben wir es mal nicht. In der warmen und windigen Nacht zurück ins Hostel. Pride Weeks in Sydney. Hier geht’s ab. Party auf den Straßen. Drogen, bunt, Alkohol und eine Schlange bei Hungry Jack`s (Das Burger King in Australien. Den Namen gab es schon, daher heißt diese Kette hier anders.)
Ich habe keine Pläne (Ach was!?) für Sydney. Außer dem Kunstmuseum und die öffentlichen Bibliotheken. Aber ansonsten …Stadt halt. Schlendern. Einfach laufen …gaffen, wie sich die Stadt entwickelt hat. Alte Gebäude neben den Wolkenkratzern. Es kann auch Tokio oder Seoul sein. Ein asiatisches Restaurant und Café neben dem anderen. Natürlich habe ich Tipps von meinen Hostelfreunden in den 2 Monaten in Australien bekommen. Auch für Sydney. Das Viertel The Rock, wo es alte Gassen gibt. Na ich bin ganz aufgeregt. 100 Jahre alt? Ich komme aus Europa! Überrasch mich.
In der ersten Woche in Australien hab ich die Blue Mountains aufgeschnappt. Da der Zug nach Sydney 2h Verspätung hatte, kam ich mit einer Niederländerin ins Gespräch. Ihr Bruder lebt in Australien und sie hat es nur noch rechtzeitig zur Beerdigung geschafft. Uff. Tut mir leid. Sie hat mir auch die Blue Mountains empfohlen und ich habe mir in der Map ihre Empfehlungen markiert. 12h später habe ich für 4 Tage eine Unterkunft gebucht und werde am 6. März 2h mit dem Regionalzug landeinwärts in die Natur fahren. Gehört auch alles noch offiziell zu Sydney. Es soll durchregnen. Mich stört das nicht mehr, denn ich habe so viele schöne Tage in Australien gehabt …dann kann es auch gerne mal 5 Tage in 3 Monaten regnen. Aber ich muss mir für meine Wanderungen eine Regenjacke besorgen. Ich hoffe auf das Free Regal im Hostel vor Ort. Da wird doch wohl ein XXL-Dude seine Regenjacke vergessen haben? Wünscht mir Glück. Ich habe keinen Platz für noch ein Kleidungsstück.
Ansonsten steht nichts in Sydney an …ich suche weiter nach Jobmöglichkeiten. Ein bisschen an meiner Zukunft rumdenken. Ich sitze in der beeindruckenden Bibliothek. Alt- und Neubau wieder sehr gut umgesetzt und verbunden. Neben Studenten, die über irgendwelche mathematischen Formeln hocken. Ekelhaft. Wieder ein Querschnitt der Gesellschaft in den öffentlichen Bibliotheken. Ob in Berlin, NYC, Japan oder Sydney. Ein Ort für alle. Ich mag das sehr. Mein Visum läuft am 25.3.25 ab und ich muss Australien verlassen und ich weiß nicht, ob ich das verkrafte. Ich hatte hier so eine gute und intensive Zeit. Mit mir und allem. Ich bin definitiv nicht mehr die Person, wie noch vor 3 Monaten. Diese Zeit hat mich geprägt und ich habe einen emotionalen Kater! Ich bin wie in einem Trance und verarbeite meine Entwicklung und meine Eindrücke in Australien. Vielleicht ist das der Grund, warum ich hier jetzt so relaxed bin und keine Anstalten mache, noch etwas zu erleben. Oder das Gefühl habe, etwas zu verpassen. Ich habe mich auch in meiner Art zu reisen total verändert. Ich schwebe in meinen Gefühlen, eine richtig gute Entscheidung in meinem Leben getroffen zu haben und einen krassen Schub in meiner Einstellung zum Leben und mir gemacht. Das war Therapie, aber in Australien. Ihr merkt, wie emotional ich zurzeit bin. Und es ist auch ganz stark. Ich bin so glücklich, auch ohne Sicherheit (Gesellschaft: fester Job, fester Wohnsitz) und Zukunftspläne. Geht doch! Hier ist Standing Ovation angebracht. Danke!