Ich bin in München gelandet …knapp 10 Stunden Flug von Windhoek, Namibia. Ich habe noch eine Stunde bis es nach Berlin weitergeht und suche nach meinen Sportkursen bei der Berliner Volkshochschule. Jahrelang Pilates und Muskel- und Faszientraining. Mittwochs und freitags. Es hat Anfang September angefangen. Es sind noch Plätze frei. In Bewegung bleiben. Gebucht. Nach Berlin, arbeitslos melden …dann zu einer Freundin nach Brandenburg. Da bin ich auch irgendwie schon zu Hause. Der Zug hat Verspätung und die S-Bahn hat auch Probleme …Chaos und voll …Berlin, du enttäuscht mich nicht. Apfelernte. Spülmaschine in die Küche schleppen. Kühlschrank in den Keller. Schrank in den Flur. Ein Haus. Keine Wohnung. Wenn man schon mal jemanden zu Besuch hat, kann man ja auch gleich solche Arbeiten erledigen. Sehr gerne. Aber wir haben natürlich auch stundenlang gequatscht und es uns am Feuer im Garten gemütlich gemacht. Zwei Tage später zu meinem Vati nach Sachsen. Nur wenige Zugstationen entfernt. Auch meine Heimat. Mein Geburtstag mit der halben Familie Klamm. Zufall, dass Cousinen und Cousins auch in der Stadt sind. Man erfährt, dass ich auch da bin. Also ein gemeinsames Essen. Reservierung im Restaurant ein Dorf weiter. 13 Uhr, wie sich das gehört. So feiert man seinen 43. Geburtstag doch gerne. Aber ich wünsche mir noch Kultur an meinem Ehrentag. Auf zum Schloss Moritzburg mit meinem Vati. Vor einem Jahrzehnt wollten wir dort schon mal rein und das Schloss war wegen Dreharbeiten geschlossen. ‘3 Engel für Charlie’ erinnert er sich. Stimmt das? Ich werde das recherchieren. Stimmt, der Film wurde auch dort gedreht: Hollywood herrscht im Schloss Moritzburg. Aber heute klappt es. Ich frage noch nach der Küche im Schloss und ob man sie nicht besichtigen kann. ‘Ne, aber gibt’s eh nicht zu sehen’! Das möchte ich schon noch selbst entscheiden, ob sich das lohnt. Jetzt aber wieder nach Berlin. Zu Mutti. Und dann am nächsten Tag gleich schon einen Termin beim Mieterschutzbund. Meine Mutter kommentiert, dass ich mich gleich so mit Terminen zuknalle. Stimmt, früher hätte ich das nicht gemacht. Aber ich habe eine neue Einstellung zur Zeit. Zeit nutzen. Der Tag hat 24 Stunden. Geht doch. Ich mag das sehr. Neuer Zugang zu meiner gelebten Zeit. Und denkt jetzt nicht, dass ich gestresst bin. Ich bin voll da und hetze nicht. Aber es ist genug Zeit für alles. Ja ja …in meiner Bubble. Ich rede ja auch nicht von alleinerziehenden Müttern und Personen, die 60 Stunden arbeiten. Allein …allein.

Und dann der offizielle Einzug in meine Wohnung. Mein Untermieter empfängt mich. Ein Jahr haben wir schriftlich und per Sprachnachricht kommuniziert. Und nur einmal getroffen. Es passt einfach. Wir haben eine Stunde, um zu quatschen und eine Übergabe zu machen. Denn ich will um 19:30 Uhr zum Sport. Ich komme in der alten Turnhalle in einem Hinterhof am Ku’damm an. Über ein Jahr war ich nicht mehr hier. Ich weiß, dass ich mich danach richtig gut fühlen werde. Die Trainerin begrüßt mich herzlich. Achtung! Umarmung. Zwei bekannte Gesichter (Der harte Kern von diesem Kurs) sind auch dabei. Wir lächeln uns an. Nicken ab. Es geht schon los. Es hat sich nichts geändert. Gleiche Musik. Gleiche Übungen. 1,5 Stunden mit Faszienrolle und Gymnastik wieder in Form bringen. Macht müde. Feierabend. 21:00 Uhr. Eine Person, die wie ich auch Jahre im Kurs ist, kommt auf mich zu. Ich lächle. Mein neues Hobby! Manche von euch werden das auch live erleben dürfen. Nicht erschrecken. Jetzt Auftritt: ‘Ich habe eine neue Hüfte …’ ….Regieanweisung: Keine Begrüßung! Okay. Na dann …’Ich habe eine neue Hüfte. Und ein neues Handgelenk (Irgendwie so) und mir wurde gekündigt und ich wurde im Krankenhaus XY operiert. Dann ist mein Sohn ausgezogen. Wir haben ja eine gute Beziehung. Dann ist meine Katze gestorben. Dann ist eine 2,5 Zimmerwohnung im gleichen Haus frei geworden. Mein Sohn zieht da mit seiner Freundin ein. Super, wenn Enkelkinder kommen. Ach, alles fügt sich. Ich habe ja einen Garten. Ich muss noch arbeiten, weil ich gerne eine Kläranlage (Irgendwie so) brauche. Ach ja, alles gut. Ja, super. Mach’s gut. Bis nächste Woche.’

Regieanweisung: Ich habe bei diesem Monolog Augenkontakt gehalten, gelächelt und genickt. 

Hm …Ich antworte noch: ‘Ich freue mich für dich, wenn du so glücklich bist und alles sich so fügt.’ Weg war sie. Was mich am meisten erschrocken hat, ist, dass ich sie nicht verurteilt habe und es so hingenommen habe. Ich es nicht persönlich nehme, dass es kein Dialog war. Sie hatte anscheinend das Bedürfnis, sich mitzuteilen und mich auf den aktuellen Stand zu bringen. Es hat mich nicht genervt. Ich habe ihr diesen Raum gegeben. Na gut, ich hatte auch keine Chance. Aber das ist ok. Ich muss auf dem Weg nach Hause noch eine ganze Weile darüber schmunzeln. Ja, mir geht’s auch gut – mein Jahr war auch spannend.