Guten Tag, mein Name ist Frau Klamm und ich bin ein Longterm! Longterm nennt man Traveler, die über einen längeren Zeitraum an einem Ort in einem Hostel leben. Noch vor 7 Monaten haben mich diese Longterms aufgeregt. Chillen da in den Gemeinschaftsräumen, haben Spaß mit dem Personal und leben einfach dort. Alltag. Routinen. Besetzen alles. Spielen Zuhause. Ich möchte das nicht. Ich bin etwas ganz Besonderes. Ich würde das ja nie machen. In Neuseeland habe ich eine junge Frau in einem Hostel kennengelernt. Wir haben 30 Zentimeter voneinander geschlafen. Ohne Vorhang. Da wird man einfach Freunde. Wir haben uns ausschließlich darüber ausgetauscht, in welchem Hostels wir lieber nicht einchecken, weil dort zu viele Longterms leben. Danach blieben wir per WhatsApp in Kontakt und haben uns Tipps gegeben, in welche Hostel wir lieber nicht auf unserer Route einchecken sollten, weil dort zu viele Longterms abhängen. Hat mir einiges erspart!
Ihr müsst es euch so vorstellen – ihr werdet auf eine neue Schule eingeschult und alle kennen sich schon und du bist der Neue. Anschluss finden ist schwerer, weil alle schon eingespielt sind. Und versteht mich nicht falsch. Man hat auch nicht immer Bock auf neue Menschen. Es sind immer die gleichen Fragen, Dialoge und Themen: Hi, ich bin xx! Wie lange bist du schon unterwegs? Wohin geht es als nächstes? Blah Blah Blah …Ich verstehe die Longterms auch ein bisschen. Auch bevor ich selbst einer wurde. Aber der Sinn eines Hostels ist es auch neue Leute kennenzulernen, auszutauschen und vielleicht auch gemeinsam Unternehmen zu machen. Aber wenn da so eine eingeschworene Gruppe zusammenhängt, dann ist die Möglichkeit, ein Teil davon zu sein, schwerer. Manchmal ist es einem auch egal, weil man gerade keine Lust auf Socialising hat, aber es sollte immer die Möglichkeit geben.
Und nun? Genau! Frau Klamm hat in das Hostel in Swakop eingecheckt. Und das nicht zum ersten Mal. Surfen, surfen, surfen und einfach abhängen. Für Wochen. Und dann war ich ein Teil der Gruppe. Fast habe ich auch Check-ins übernommen. Mein neues Zuhause. Das Angebot, als Volunteer dort zu arbeiten, habe ich auch. Eine Einarbeitung wäre auch nicht mehr nötig und ich könnte jeden Tag surfen. Ich denke darüber nach. Morgens hat man sich gefragt, was heute Abend geplant ist. Und wehe, ihr verdreht jetzt die Augen! Oder zieht mich in Berlin damit auf! Ich warne euch!!!! Uno-Abende bis zur Eskalation, Mikado (Das ist ein Spaß!) auf einem Tisch, der dafür nicht gemacht ist, Trinkspiele aus Deutschland (Ich kann trinken, sag ich euch! Flunkyball. Ich habe dieses Rumgerenne immer auf dem Tempelhofer Feld oder im Gleisdreieck beobachtet! Jetzt weiß ich Bescheid! Lustig!), Mondfinsternis im Landesinneren angucken (7 Personen in einem Kleinwagen!) ….ich bin noch nicht fertig. Quiznight in einem Biergarten (Langweilig, aber schwer! Aber ich habe natürlich laut behauptet, dass ich alles weiß!), BINGO-Abend – gar nicht mal so unspannend, gemeinsame Abendessen, gemeinsam auf der Ladefläche von dem neuen Pick-Up von dem Surflehrer zur Kneipe fahren und dabei Britney Spears hören – was willst du mehr?!

Das Sicherheitsbriefing, bevor man gesurft ist, könnte ich jetzt auch schon übernehmen. Soll ich euch erklären, was ein RIP ist? Und was man tun muss, um sich zu retten? Kein Problem. Wetsuits waschen. Ich kann locker ein Surf Hostel in Berlin aufmachen.
Und dann war ich der Longterm. Neue Gäste kommen und gehen. Aber ich war immer nett und offen, vertraut mir da einfach. Pärchen sind immer langweilig als Gäste. Uff, ja blah blah. Schön für euch. Und dann sind wir im Bullshit-Bingo für Hostels: Hi, ich bin Frau Klamm! Bist du schon lange unterwegs? Wo geht es als nächstes hin? Woher kommst du? Ich habe immer ehrlich und freundlich geantwortet und ich war auch proaktiv. Und manche Gäste siehst du und weißt sofort, dass du keinen Kontakt willst. Man muss sich dann aber versuchen höflich aus dem Dialog zu schleichen: Du, ich muss ganz dringend ….die Hunde füttern …schlafen, einkaufen oder die Welt retten. Was weiß ich. Aber bitte keine einzige Sekunde mit dieser Person. Meine Lebenszeit ist mir zu kostbar.
Apropos Hunde. Das Hostel hat zwei zuckersüße Hunde und ich habe Mocka jeden Tag einen neuen Stein mitgebracht. Egal ob vom Strand oder aus der Stadt. Und dann ist sie wie eine Wilde geflitzt. Mein Lieblingshund in Swakop. Ich werde sie vermissen. Sie war immer an meiner Seite. Ich habe ja auch immer mit ihr gespielt.

Manche Gäste haben nicht ganz unbegründet gedacht, dass ich im Hostel arbeite. Und dann wusste ich es. Ich bin definitiv ein Longterm. Ich musste in meinem Stammcafé auch keine Bestellung mehr aufgeben – es wurde einfach ein Red Cappuccino hingestellt und abgerechnet. Ich mag das Kleinstadtleben und in einer Hostel-Kommune zu leben. Nie im Leben hätte ich das vor 6 Monaten geglaubt. Aber jetzt kann ich es nicht mehr verleugnen. Ich war ein Longterm und gerne immer wieder. Abschiedsabend ist geplant und süße Geschenke habe ich auch bekommen. Awww …. War schön jewesen.