Es war klar, dass ich nach Singapur durch Malaysia reise. Grenzübergang geschafft. Singapur konnte mich ein bisschen auf Malaysia ‘vorbereiten’. Immer daran denken, dass ich die letzten 5 Monate in Australien und Neuseeland verbracht habe. Das Essen wird richtig gut. Meine Haut, mein Magen und mein Darm freuen sich. So gesund und gut konnte man im Westen auch essen, aber so authentisch und so günstig nicht. Viele fliegen von Singapur direkt nach Kuala Lumpur (KL). Ich bin auf dem Landweg über die Grenze nach Kluang gefahren. Am Busterminal habe ich eine junge Frau vor den Toiletten kennengelernt. Sie saß im Bus neben mir und ich habe ihr aus Spaß einmal Klobesuch ausgegeben. In Malaysia gibt es immer eine Person vor den öffentlichen Toiletten, die dir 0,064 Cent abknöpfen, um das Hockklo zu benutzen. Meine neue Freundin wollte es lachend ablehnen. Dass das nicht nötig sei. Aber ich habe es geschafft, den Mann hinter dem Tisch zu überzeugen, dass ich sie einladen will. Wenige Sekunden nach meinem Erlebnis mit dem Hockklo saß ich schon im Auto von ihrer Mutter, wo ihre zwei Kinder warten. Sie ist DJane und hatte einen Gig in KL. Sie hat mich zu meinem Hostel gefahren, ein Selfie mit der Mutter war auch wichtig und dann haben wir uns zum Essen verabredet. Ich wurde von dieser Begegnung überrumpelt, aber sie tat mir gut. Bei der Hitze kannst du es auch nur noch zulassen, ansonsten verlierst du. Nächste Station, also Malaysia. Das Hostel. Ein Loft. Beton. Schick. In Berlin und London wäre es 13,435 Millionen wert. Bissl verkruschtelt und zu viel Zeugs, aber mir (mittlerweile) egal. Es gibt vier kleine Zimmer, wo die Betten stehen. Und abends wird hier eine Igelfarm aufgebaut. Damit die Igel Auslauf bekommen. Kann man sich doch nur ausdenken, oder? Mach ich aber nicht. Das ist meine Realität. Nur ein Zimmer wird benutzt. Die anderen Schlafzimmer sind Lager oder die Matratzen sind noch nicht mal ausgepackt. Der Hostelmanager empfängt mich freudig und zuerst verlaufe ich mich im ersten Stock, wo die Küchenarbeiter vom sehr beliebten Western-Restaurant leben ‘dürfen’.

Puh. Ich also noch ein Stockwerk höher. Ahhhh …viel besser. Ich werde von ihm zugetextet. In einer lieben Art. Er freut sich über einen Gast. Kurz: Er ist so alt wie ich. Reist auch viel und will mit diesem Hostel in Kluang ein Backpacker-Hostel aufbauen. Viel vor. Denn hier verirrt sich niemand. Es ist ja auch nur eine kleine Stadt. Ein Berg zum Wandern …Aber für mich perfekt, um das Land zu entdecken, verstehen und in Ruhe zu beobachten. Was nützt mir das für den Schein aufrecht erhaltene KL. Wir erinnern uns: Seoul is not Korea. Berlin is not Germany. London is not … Malaysisches Englisch prasselt auf mich ein. Ich muss mich noch daran gewöhnen. Er versucht mir, das verstehe ich später erst, alles von Malaysia zu erklären und Tipps zu geben: Touren, Hostels …Geschichte. Kultur und Menschen. Wenn du gerade zwei Grenzübergänge bei einer Luftfeuchtigkeit von über 80% hinter dir hast und generell eine kleinen Kulturschock und auch noch die Begegnung am Busbahnhof verarbeitest, dann ist das alles zu viel. Ich löse mich charmant aus der Situation und mache einen Spaziergang in der Hitze. Irgendwas von einem Australier, der hier auch wohnt und auch einen Trip durch den Nationalpark machen will, hat er auch geredet. …und und und. Ich verstehe nur die Hälfte. …zu viele Informationen jetzt. Er freut sich einfach über internationalen Besuch und endlich wieder Englisch sprechen. Ich lerne auch viel von ihm und bekomme viele Ideen und Tipps. Er lädt mich am letzten Tag auch zu einem beliebten Frühstückslokal außerhalb des Stadtzentrums zum Essen ein. Dahin hätte ich es nie geschafft. In Deutschland wäre es eine Kfz-Werkstatt, hier ein beliebtes Lokal. Das Essen? Köstlich. Ein Mix aus Chinesisch, Indisch, Süß, zu süß …Zu scharf! Und immer der süße Tee, den ich sehr lecker finde. Man kann auch alles ‚ohne Zucker’ bestellen. Es gelingt mir.

Meine erste Aktion, ohne den sehr bemühten Hotelmanager an meiner Seite, war es, Bargeld zu finden. Ich konnte am Busbahnhof an der Grenze schon ein paar Scheine umtauschen, was eine kluge Idee von mir war. Aber ich brauchte mehr, denn Bargeld ist hier einfach Queen. Die Häuser bunt und so retro …Ohne Probleme kann man das malaiische Kudamm ‘73 hier drehen. Ein paar Autos und Smartphones musst du dafür aus der Szene entfernen – mehr aber auch nicht.

Die Temperaturen, ich hab richtig zu tun. Mein Zyklus wird auch einmal komplett durchgewirbelt. Das ist mir in 20 Jahren nicht passiert. So heftig ist es. Ich kaufe mir in einem Minimart (Späti) Milch für meinen Tee. Jetzt erstmal zurück. Ausruhen. In Flipflops oder Birkenstocks könnte ich die Stadt nicht erkunden. Alles uneben, Löcher …Parkour laufen …denn es läuft hier auch niemand mehr als 100 Meter. Aber ich. Und dann muss man wirklich hingucken, wo man langläuft. Meine neuen Trailschuhe sind genau richtig dafür. Springen, balancieren …alles dabei. Der Arzt aus dem Auswärtigen Amt, wo ich mich hab impfen lassen …er meinte schon, dass die meisten Todesfälle von Touristen in den Ländern Südostasiens nicht Lebensmittelvergiftungen oder Biss von Monstern aus dem Dschungel sind …es sind die Löcher in den Gehwegen und ständig auf das Smartphone gucken und einfach laufen. Das kann man sich hier nicht leisten.
Ich gehe zurück ins Loft und es sitzt jemand im Hostel. Der Australier, von dem schon berichtet worden ist. G’Day My Friend! Er freut sich über das Englisch. Haha. Und auch über den English Breakfast Tea, den ich ihm anbiete und zubereite. Wir sind die einzigen Gäste. Uns vereint unser Sarkasmus. Es geht los. Schön gelacht. Er ist in Indien geboren, aber aufgewachsen in Australien. Als er sagte, dass er in einem tollen Viertel in Melbourne wohnt, sagte ich: Dann kann es ja nur Brunswick sein! Na, 3 Monate Australien! Ich war da! Er macht sich lustig, dass ich hier 4 Tage gebucht habe. Er ist wieder so ein Kandidat, auch mit Anfang 50, der hier das ‘Ich bleibe 1 Tag’-Konzept durchzieht. Warum man sich das antut? Keine Ahnung. Wir tauschen uns über die Informationsflut des Hostelmanager aus …man kann Wanderungen im Dschungel nur mit einem Tourguide machen. Einfach auf eine Website gehen und auf ‘Buchen’ klicken ist hier keine Option. Irgendwie läuft das alles über Kontakte und über WhatsApp. Es wirkt kompliziert für mich als Deutsche. Ist es aber eigentlich nicht. Es ist einfach nur anders. Auch für den Australier wirkt es undurchsichtig. Wir verquatschen uns und ich erfahre viel von ihm. Ich frage ihn aus. Er hat sich mit Mitte 30 nochmal umentschieden und ist Designer geworden. Reisen ist auch sein Ding seit er es alleine konnte und durfte. Er erzählt witzig und ich lache viel. Und der Humor. Danke! Er lädt mich auf einen Drink in einem westlichen Restaurant ein. Schrecklich. Nicht der Drink, das Interieur. Burger, laute Musik und westlich halt. Dann kann ich auch in Hannover einkehren. Aber es war ein schöner Abend. Wir tauschen Nummern aus und er wird mir noch berichten, wie es ihm ergeht und er wird es nicht lassen können, sich darüber lustig zu machen, wie langsam ich reise. Aber ich lese da nur Neid raus. Er empfiehlt mir eine Insel. Er wäre ja gerne länger geblieben, weil sich das lohnt. So wunderschön. Warum bist du nicht dort geblieben? Ich frage ihn das nicht. Er ist alt genug und ich kein Therapeut.
Ich entscheide mich an einem kalten Tag mit einer Luftfeuchtigkeit von 100% zu ‘wandern’. Ich hatte schon bessere Ideen in meinem Leben. Meinen Job kündigen z.B.. Ich laufe zum Berg Gunung Lambak. Eine Stunde durch die Stadt. Es gibt keine Fußgängerampeln. Denn es läuft ja auch niemand. Also ich über die 4 spurige Straße. Es hat ja nur 15,56 Minuten gedauert. Ich bin ja zwei Monate durch sehr erschlossene Gebiete gewandert. Alles organisiert und ausgeschildert. Das ist hier auch ausgeschildert, aber ein anderer Flair und Touristen sind hier nicht. Also europäische! Ich falle auf. Nicht nur durch meine bunten Klamotten, sondern weil ich groß und weiß bin. Ich bin fix und fertig von der Anreise und mein Kreislauf kackt ab. Später weiß ich, dass mein Zyklus startet. Damit habe ich natürlich nicht gerechnet. Aber das erklärt auch mein Körpergefühl. Ich kenne mich doch. Dann den Berg. Alles besteht aus Wurzeln. Aber es ist irgendwie schön kühl heute und das bestätigen mir auch alle, die ich treffe. Ein guter Tag zum Wandern.

Ich komme irgendwie nicht rein. Mein Zyklus setzt ein, obwohl er erst 10 Tage her ist. Mein ganzes System ist durcheinander. Das erklärt auch mein Essverhalten! Die chinesische Bäckerei neben dem Hostel hatte eine Großbestellung von der großen weißen Fremden. Ka-Ching! Affen wüten in den Bäumen. So große Ameisen habe ich noch nie gesehen, wie hier. Ich schaffe ein bisschen nach oben, aber ich mache nur Pausen und ich bin einfach erschöpft. Ich suche mir einen Weg runter, wo ich noch ein bisschen laufen kann, ohne zu sterben. Ich habe auf dem Weg nach Hause Halt in einem Kaffee gemacht. Eine große Menütafel mit den üblichen Getränken. Kaffee und Teh Tarik in heiß oder kalt. Mit noch mehr Zucker oder ohne. Es dauert Minuten, bis man mich versteht. Ja, ich spreche kein Mailisch. Aber mein Finger auf der Menütafel direkt bei Teh Tarik. Nun gut. Aber ich gebe nicht auf. Das habe ich in China gelernt. Meist traut man sich einfach nicht, mir etwas zu bringen, weil es dann nicht das richtige ist?

Dann saß ich endlich und ein alter Mann mit Kippe und lauten TikTok-Videos vor sich fragte, woher ich komme. Europa. Es wird abgenickt und dann weiter ignoriert. Kann ich mit leben. Ich bleibe eine knappe Stunde sitzen. Ich bin einfach fertig. Habe ich das schon erwähnt? Überall läuft der Schweiß. Auf dem Rückweg verfolgt mich noch ein Straßenhund. Da musste ich kurz überlegen, wie ich das überlebe. Ich bin aber auch kreuz und quer gelaufen.

Ein Einheimischer hat mir dann geholfen und den Hund verjagt. Dann an einem muslimischen Kindergarten vorbei. Alle in weiß und schwarz und mit Kopftuch und ich musste wie ein Clown aus dem All für sie ausgesehen haben? Aber wir winken uns lachend zu.
Jetzt noch eine schöne Suppe oder irgendwas. Ich kann ja nicht den ganzen Tag Gebäck essen. Ich kann, aber ich will nicht. Rin ins Restaurant und ich zeige auf irgendwas. Klappt. So lecker. Die scharfen Saucen lasse ich aus. Und dann beschließe ich, dass ich mein Reisegepäck überdenken muss. Ich miste gemeinsam mit Tom Cruise (Netflix-Account im Hostel bietet mir alles!) meine Sachen aus. Ein Stapel, den ich garantiert in Südostasien nicht anziehe. Ich bin ehrlich und muss aus meiner Wander-Neuseeland-Bubble raus. Hier ist jetzt alles anders. Ich dachte, dass ich so weiter reise, wie in Neuseeland. Nein. Neues Land. Neue Kultur. Neue Erlebnisse. Ich verstehe das seit heute und es wird eine kleine Box mit warmen Klamotten, meine Winterschuhen und noch so Zeugs. Auch meiner Heizdecke sage ich Adieu. Jetzt hab ich alles im Rucksack und nur noch meinen Reisepass und wichtiges Zeug in einer kleinen Tasche an meiner Brust. Abgemacht.

Südostasien kann starten. Oder ich bin ja schon mittendrin. Und dann fliegt eine Fledermaus durch das offene Fenster vor meine Füße. Das passiert jetzt nicht wirklich? Sie kriecht und ich bin sprachlos. Der Hostelmanger hilft ihr den Weg nach draußen zu finden. Besser ist. Hier fliegen abends aber auch Monster-Batmans rum. Die großen Viecher kenne ich schon aus Australien. Aber eine Miniversion ist mir noch nicht so nah gekommen.
Ich bekomme mitten in der Nacht eine Nachricht von meiner neuen Freundin, die ich am Busbahnhof kennengelernt habe. Klare Ansagen. Ich liebe es. Morgen Frühstück. Ich werde um 9:20 Uhr abgeholt. Es ist eine Freundin von ihr dabei. Beide sind Djane und legen gemeinsam in Clubs auf. Beide haben zwei Kinder. Wir fahren zu einer – ich würde es Garage nennen – wo Stühle und Tische stehen. Wir suchen uns Zutaten für unsere Suppe aus und welche Nudeln sollen es sein? Sehr wichtig hier. Und dann sitzen wir. Schnatter. So unterschiedliche Welten. Und doch verstehen wir uns. Das Leben, die Entscheidungen und das Glück. Die Pläne und der Mut. Alles braucht man für ein Leben. Sie bewundern mich und ich bewundere sie. Die Besitzerin, eine Bekannte von den zwei, erkundigt sich, ob es denn der Fremden schmeckt. Ja! Danke. Ich bekomme so viel erklärt von der Kultur und dem Essen. Manchmal schreibe ich mit, um es nachher nochmal zu recherchieren. Die Frauen fahren mich noch zur Post, um zu checken, ob sie geöffnet ist. Denn es sind immer noch Feiertage. Die Stadt ist voll. Familien und überall wird gegessen. Ja, die Post ist heute geöffnet. Also fahren wir zum Hostel, holen das Paket mit meinen aussortierten Klamotten und dann wieder zur Post. Hauruck-Aktion. Man regelt für mich am Schalter. Ist klar. Ich nutze noch die lokale Telefonnummer von meiner neuen Freundin, denn ich kann keine Nummer aus Singapur verwenden. Es klappt irgendwie. Es steht als Inhalt nur ‘Shirt’ auf dem Paket, aber wird schon klappen. Und wenn nicht, dann nicht. Die Frauen müssen zurück zu ihren Familien. Der eine Sohn hat heute Geburtstag. Ok, und dann heute mit mir essen gehen! Ich bin gerührt. Scheidung, häusliche Gewalt …alles dabei. Ich habe viel mitgenommen von dem Treffen. Ich bin wieder einmal …sehr dankbar. Und ich wurde eingeladen. Von jedem Local, mit dem ich bisher essen war, wurde ich eingeladen. Alle sehr herzlich.
Ich reise ab. Busbahnhof. Der Bus kommt zu spät. Ein Unfall auf dem Highway. Ich bin entspannt und man kümmert sich rührend um mich. Ich kann mich entspannen und am chaotischen (Für mich chaotisch!) Bahnhof entspannen. Mir bleibt auch nichts anderes übrig. Der Typ, der das hier für eine Busgesellschaft regelt, ist mein bester Freund für die zwei Stunden, die wir hier gemeinsam abhängen. Ich lerne auch viel …natürlich. Man schüttet mir wieder Kultur aus der ersten Reihe aus. Es kommen Fahrgäste und fragen, wo der Bus sei. Er ist abgefahren.
Ihr seid 20 Minuten zu spät. Ich als Deutsche sitze brav daneben und kann es nicht fassen. Es werden, wie auch in Korea, Pakete und Umschläge mit den Bussen verschickt. Clever. Ein Durcheinander, in meinen Augen. Aber es ist alles organisiert und klappt. Treiben lassen, Frau Klamm. Ich sitze. Ich bekomme einen Handschlag beim Abschied. Das ist selten. Von Männern sowieso. Religion und so. 1,5 Stunden durch den Palmenwald. Und wieder die Farben und Häuser aus einer anderen Zeit. Wird Zeit, dass ich Cuba besuche. Ich komme in Mersing an. Diese Stadt hat den Fährhafen zu den Inseln an der Ostküste. Ich bleibe eine Nacht. Reicht auch.

Ich finde im strömenden Regen auch noch eine taffe Frau, die mir an ihrem Stand eine Suppe mit Meeresfrüchten kocht. Teh Tarik, na klar dazu. Essensstände haben bis zum Lunch geöffnet. Machen dann eine Siesta. Und ab 17/18 Uhr geht’s nochmal los bis Mitternacht.

Und dann geht’s am nächsten Tag auf die Insel Tioman. Ich erwarte nichts und werde im Paradies landen. Visa, die Freiheit nehm’ ich mir. Genau diesen Moment habe ich gefühlt, als ich am Strand an den kleinen Kaffee-Buden mit meinem Fast Fashion Bikini aus Australien am einsamen Strand spazieren gegangen bin.