5h Flug von Townsville. Einmal umsteigen in Brisbane. Ich wäre Wochen mit dem Bus nach Alice Springs gefahren. Gleicher Preis für einen Flug. Aber die nächsten Touren werde ich mit dem Greyhound machen. Da kann man sich so eine Flatrate kaufen. Ein Preis für einen bestimmten Zeitraum und ein- und aussteigen, wann man will. Ich habe das Geld für den Transfer, wo wir eine 5stündige Zwangspause einlegen mussten, als Gutschein bekommen. Immerhin. Ich steige aus dem Flugzeug und alles ist anders. So einen bunten Flughafen habe ich noch nie gesehen. So viele Muster. Dann hab ich erkannt, dass es die Aborininal-Art ist. Es erschlägt einen. Ich bin doch die weißen und grauen Flughäfen gewohnt. Alles sehr klein. Das Gepäckband ist 5 Meter vor dem Ausgang. Überschaubar. In Australien dürfen Personen ihre Liebsten, also die Passagiere, zum Gate bringen. Zum Tschüss sagen. Ich wunderte mich schon, warum manche angebliche Passagiere anderen gewinkt haben. Die haben sich verabschiedet und sind dann wieder weg. Eigentlich schön. Bekommen die dann ein ‚Besucherticket‘? Ich finde das noch heraus. Vielleicht bringt mich ja auch mal jemand zum Flughafen und winkt. Ich setze mich und spüre, dass das hier ganz anders ist und laufen wird. Ich sehe Taxis und recherchiere. 45$. Und einen Shuttle für 20$. Gekauft. Ich frage, wo er in der Stadt hält. Die Person vor dem Shuttle fragt zurück: Wo musst du denn hin? Ich wusste es. Alles anders. Ich sage wohin. Alles klar. Ich verstehe kein Wort und entschuldige mich. Man verzeiht mir. Aber wir haben es geschafft zu kommunizieren. Wir sitzen zu zweit in einem ollen Bus. Und die Fahrt in die Stadt ist schon ein Highlight. Also für mich, ist klar. Wüste. Heiß. Felsen. Orange. Ich werde vor meinem Hostel abgesetzt. Alles verriegelt. Hohe Zäune. Stacheldraht. Aha. Nehme ich erstmal so hin. Der Typ an der Rezeption sieht mich und öffnet mir die Tür. Er ist aus der Slowakei, aber könnte auch ein richtig guten Job in Berlin machen. Keine Mine. Einsilbrig. Und du denkst dass du dich entschuldigen musst hier gebucht zu haben. Ich mache einen Test und frage etwas nach und will provozieren, ob er dann unhöflich wird und mich für dumm abstempeln. Test bestanden. Professionell unhöflich, aber fair. Ich erfahre von den Deutschen Betreibern des Hostels, dass er einen super Job macht, aber ja – diese Art nicht so schön ist. Aber später verstehe ich ihn besser. Der Tag startet ja jetzt erst für mich. Totenstille im Hostel. Unheimlich. Todeshitze. Und dann dieser Empfang. Grad gar keinen Bock. OK. Durchatmen. Ich schnappe mir ein Bett und beziehe es. Landschulheimgefühle. Raus hier und überlegen, wie es mir geht und was ich möchte. Ich laufe in heftiger Hitze (38°) zur Touristeninformation. Was anderes fällt mir gerade nicht ein. Ist gleich nebenan. Leere Straßen. Als ob hier keiner lebt. Keine Geschäfte geöffnet. Was stimmt hier nicht? Ich bin skeptisch. Ich gehe in den zu Minusgraden runtergekühlten Informationshop der Stadt. Aborininal Art zu kaufen. Overload. Vom Magneten bis zur Wandtapete. Und Angebote für Touren rund um Alice Springs. Central Australia prankt auf den Broschüren. Nix Wasser und Beach. Ich gehe an die Theke. 80er Jahre Mucke und so sehen auch die beiden Angestellten aus. OK, ich kratze meine Energie zusammen und erkundige mich, was so angeboten wird. Ich bin natürlich absolut nicht vorbereitet. Dafür stehe ich mit meinem Namen. Sie rattert runter. Sie redet, glaube ich, bewusst langsam und Hochenglisch. Ich verstehe sie ohne Probleme. Dann traue ich mich. Ich lehne mich ein bisschen über die Theke und frage: Hier ist so eine depressive Stimmung in der Stadt. Was ist denn los? Ist was passiert? Verwunderte Gesichter. Sie kann es glaube nicht fassen, was ich frage. Sie lehnt sich auch vor und spiegelt mich: Es ist die Hitze! [Pause] Ich: Ah, OK. Verstehe. Sie: Heute ist es kalt. Morgens geht’s wieder los. Mit kalt meint sie 38°. Sie weiter: Wir haben Januar. Niemand oder weniger kommen in den heißen Monaten hier her. Wir haben einen Discount auf alles. Nicht alle Läden machen auf. Lohnt sich nicht. Alle flüchten und Personal ist eh schwer zu finden. Nur die notwendigsten Geschäfte machen auf oder die, die Personal haben und es können. Aber Deutsche kommen. Immer. Das haut sie noch hinterher. Mir wird einiges klar. Nebennebennebensaison. Prima, Frau Klamm. Na immerhin Rabatte Rabatte Rabatte. Ich stecke ein paar Flyer ein und gehe. In den Supermarkt. Leere Straßen. Die Weihnachtsdeko baumelt ausgeblichen von den geschlossenen Geschäften. Alles trostlos. Ich glaube besser sieht das auch nicht aus, wenn hier mehr los ist.
Und jetzt kommt der Part, der mich nicht loslässt. Das Zusammenleben der ‚Whitefellas‘ und den ‚Aborininal‘. Viele Aborininal hängen auf der Straße ab. Und in den kühlen Einkaufszentren und Geschäften. Szenen einer öffentlichen Bibliothek. Gibt es die hier auch? Ja, der werde ich auch noch ein Besuch abstatten. Es wird da abgehangen, wo es kühl ist. Man erzählt mir, dass in den Sommerferien die Aborininals aus der Wüste kommen und abhängen mit den Kindern. Ein sehr ungewohntes Bild für mich. Die Whitefellas und Aborininals ignorieren sich. Parallelwelten. Sehr erdrückend. Es gibt sogenannte Communities, manche nennen es auch Clans, die sich auch mal schön laut auf der Straße in ihrer Sprache anschreien. Bissl Berlinfeeling. Hat was.
Es wird ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht nicht abends nach 20 Uhr alleine unterwegs zu sein. Jugendkriminalität. Überfälle. Ich checke die News und es ist Thema in Australien. Alice Springs hat seinen Ruf weg. Man sieht auch zerstörte Geschäfte und Autos parken nur kurz. Ansonsten gibt es geschlossen Parkplätze. Dazu die Hitze. Trostlos.
Ich kaufe mir noch eine kurze Hose, weil ich nur einen kurzen Rock habe. Für den Winter bin ich gut ausgestattet. Das Primark von Australien KSmart ist ein Aufenthaltsraum für die Aborininals. Kühl und wird als Spielplatz genutzt. Sicherheitspersonal überall. Wo bin ich gelandet? In der Realität, Frau Klamm!!!
Zurück im Hostel richte ich mir meine Icebox ein. Die hat man einfach in Australien. Ich habe mir eine aus dem Free-Regal in der letzten Unterkunft mitgenommen. Vorteil Hostels. Du kannst dir aus zurückgelassen Dingen viel nehmen und brauchst nicht neu kaufen. Ich lasse auch manchmal was zurück. Zu schwer. Fehlkauf …oll.
So angekommen. Jetzt Mal die Touren durchgehen. Was gibt es hier denn bei 38° bis 44° zu entdecken. Herrje. Ich gehe in die große offene und gekühlte Küche und eine ältere Dame (80!) lächelt mir zu und sagt: Wir haben uns schon einmal gesehen!? Ich: Ja, ich denke auch. In welchem Leben wissen wir nicht. Wir connecten sofort. Seltsam, aber schön. In einer Sache habe ich meine alten Muster durchbrochen…ich gehe noch mehr auf Leute zu…für einen Austausch. Wir sind hier alle aus den selben Gründen. Du bist toll, Frau Klamm. Aber nichts Besonderes. Also los. Ich setze mich mit einem frischen Drink zu ihr. Und wir steigen sofort ein. Pure Lebensfreude. Sie ist aus Zypern und reist ihr Leben lang. 80 und irre offen und lustig. Ich kann nicht genug von ihr bekommen. Wir empfehlen uns gegenseitig interessante Orte und man tauscht sich aus, welcher Touranbieter, was wie und für wie viel anbietet. Es geht so schnell. Leben, Konzepte und Träume werden ausgetauscht. Und eine Humor vom feinsten. Sie hat einen 4tägigen Campingtrip zum Uluru gebucht. Sie kann sich nur die Matratze auf dem Boden leisten, nicht das Zelt. Dabei zeigt sie auf einen fette Narbe an ihren linken Bein. Sie wurde vor 10 Jahren von einem Motorrad angefahren. Bein weggefetzt. Aufstehen ist schwer. Ja, klar. Manch anderer hätte sein Leben lang davon erzählt und nichts mehr gemacht. Sie segelt um die Welt. Vor zwei Tagen wurde sie von der Polizei ins Hostel gebracht. Nicht was ihr denkt. Obwohl pöbeln kann sie auch. Sie hatte einen Schwächeanfall. Zu heiß. Das alles werde ich erst an meinem nächsten Ort, Yulara, so richtig begreifen. Es kommen zwei Deutsche, junge Mädchen, dazu. Naja Frauen, aber ich sehe sie immer noch als Mädchen. Wir lachen und haben Spaß. Aus dem Nichts entsteht eine Gruppe, die unterschiedlich nicht sein kann. 25, 42 und 80. Es funktioniert und ist eine Bereicherung. Wir tippen alle fein in unser Smartphone, wenn jemand eine Empfehlung ausspricht. Jeder hat andere Ansprüche. Ich will kein Stress. Ich hab Zeit. Ich entscheide ja dann auch direkt zum Uluru zu fahren. Luxus. Andere wollen an einem Tag mehrere Sachen erleben. Andere wollen es komfortable und buchen 100% Betreuung. Ich wähle immer ein Mittelding. Passt.
Touren starten in der Wüste ab 3 Uhr morgens. Das lerne ich in Alice Springs. Ich wache mit der 80jährigen und einer anderen Mitbewohnerin morgens auf. Ich stehe sogar mit ihnen auf. Meine Ansage im Zimmer ist immer: Ihr braucht nicht leise sein. Steht auf. Macht euer Ding. Diese Entschuldigung-Ich war oder Bin Laut-Monologe gehen mir auf den Sack. Ich sitze also mit Rosemarie und der Anderen um 3:30 Uhr neben dem Pool im Hostel und warte mit auf den Shuttlebus. Ich genieße die letzten Minuten mit Rosemarie. Eine schöne Abwechslung zu der Jugend. Ich trage ihr den Koffer zum Bus und wünschen uns alles Gute. Sie hat sich bei den Gesprächen immer Gummis in die Haare geflechtet. Eine kleine Macke?! Ein Gummi liegt noch auf dem Tisch. Hat sie vergessen, neben ihren zig Kruschteltaschen. Es steht Brokkoli drauf. Witzig. Aus der Gemüseabteilung. Ich nehme es mit. Es hängt jetzt an meiner Trinkflasche. Jeder Schluck eine Erinnerung.
Alice Springs ist trostlos und man lebt hinter Gittern. Personal bekommt man durch Work & Travel Visa aus der ganzen Welt. Gut so. Sonst würde vielleicht nicht Mal der Supermarkt geöffnet sein können.