Platte. Bienenstock in der A-Zone. Ringsum wird abgerissen. Vorher waren da 5 Einfamilienhäuser mit Garten nebenan. Jetzt haben wir ein Luxus-Carré – 60 qm im 1. Stock 1.900 EUR kalt. Ich habe mir das Exposé schicken lassen. Und das schlimmste … dann schlenderst du nach Arbeit aus dem neddo raus und dann siehst du die Dekorationen und Gardinen der neuen Mieter*innen und denkst: Kein Stil, aber dir diese Wohnung leisten können. Die Welt ist so ungerecht.
Mein Haus steht noch. Fertiggestellt 1968. 2012 muss ich dringend aus einer WG raus, um wieder glücklich zu werden. Es ging schnell. Anzeige online in der Weihnachtszeit gesehen. Bewerbung geschickt. Ich glaube, es war auch schon ein Motivationsschreiben dabei. WTF. ‘Ich bin ein Mensch und möchte ein Dach über dem Kopf!’ die finden auch immer andere Gründe. Verrückt. Vielleicht kann ich das Schreiben einsehen …in meiner Ablage habe ich es nicht mehr gefunden. Ich habe die Tage ‘zwischen den Jahren’ immer gerne im Büro gearbeitet. Ruhe. Und dieses Mal hatte ich Zeit, bei der Hausverwaltung anzurufen, um hart zu nerven. Gut so! Ich hörte das hektisch den Stapel durchwühlen durch das Telefon …’Wie ist ihr Name nochmal?’. Großes K, kleines Lamm! ‘Oh, ja. Hier habe ich Sie. Joah …!’ Ruhe. Ich: ‘Ich kann sofort zur Besichtigung kommen. Kein Problem!’ Zack. 1,5h später war ich drin. Eingetütet. A-Zone. Tiergarten/Mitte. Bad aus den 60ern. Blau. Braun wäre nicht so schön. Hätte ich aber auch genommen. Damals habe ich mich für den Mietpreis geschämt, aber ich musste aus dieser WG raus. Ich schlug ein und hatte eine Wohnung. Jetzt würde ich mir ein T-Shirt mit der Kaltmiete drucken und keck unter den Linden flanieren gehen. Guckt her.
Seit 12 Jahren wohne ich in meiner kleinen Bude. So lange habe ich noch nie irgendwo gewohnt. Noch nie! meine 23. Station in meinem Leben. Hab das mal durchgezählt. Von Baby bis jetzt hab ich oft irgendwo mein Bett aufgeschlagen. Und nun ist es Zeit – ich haue ab. Aber niemals würde ich meine preisgebundene Mietwohnung in Berlin aufgeben. Also wird sie untervermietet. Wie Carrie aus SATC. Es war ein Thema in einer Folge. I Feel You Carrie! Wir haben so viel gemeinsam. Verrückt.
Casting startet. Ich habe heute leider keinen Mietvertrag für dich. Uff. Vorteil ist, dass du deine Bude schick machst. Der Rest ist anstrengend. Bewerbungen im Posteingang checken. Offenbarung der eigenen Lebensumstände bis zu ‘Hat Internet?’ Ich muss da jetzt durch. Hatte schon eine Person zu 99% als Untermieterin, wo sogar der fast gleichaltrige Vati für die Vermessung vor Ort da war. Schicksalsschlag und Berlin ist doch nicht so meins …ok. Ist mir abgesprungen. Weiter.
Eine Irin. Cool. Hat dann aber durch Kumpel eine günstigere und frühere Bleibe gefunden. Wieder abgesprungen. Verständlich, aber schade. Weiter. Ich wünsche mir ein ‘Finde ich geil, nehm‘ ich!’ Macht doch nicht so ein HeckMeck daraus. Ich verstehe die Interessenten …es muss passen. Es gibt viele Fragen. Gut so! Bedürfnisse und Klarheit. Ich habe da aber keinen Bock drauf. Kann doch nicht so schwer sein.
Zwischendurch hatte ich schon Panik, dass ich meine Bude nicht vermieten werde. Wohnungsmangel, also ich merke davon nichts. Aber diese ganze Prozess bei mir ‘Alles nicht so schlimm!’ ist voll im Gange und ich beruhige mich nach 24h und chille. Es kann so einfach sein.
Und ja, ich schlage was für meine Möbel etwas rauf und weil ich Verantwortung für diese Wohnung habe, weil ich es kann und auch ok ist. Ich finanziere dadurch nicht meine Reise. Ein Arschloch bin ich nicht. Ich werde darauf angesprochen und wird jetzt ein ‘Ne, für dich mache ich eine Ausnahme!’ erwartet?? Na dann bringe ich meine eigenen Möbel mit. Ja, dann mach das. Trotzdem kostet es so viel. Geh bitte!
Ja, und ich kann dem Pärchen aus der Ukraine, die kein Geld haben – oder zu wenig, die Wohnung nicht vermieten. Ich kann nicht draufzahlen. Tut mir ja leid. Da hilft auch kein WBS. Berlin muss sich um bezahlbaren Wohnraum kümmern, nicht ich. Das muss ich mit meiner Wohnung und meinem Gewissen nicht ausbaden.
Und dann die, die denken, nach 2 Monaten eine 3 Zimmer Wohnung am Savignyplatz zu finden und dann aus dem Untermietvertrag raus wollen. Das will ich sehen. Nicht mit mir. Den Stress tue ich mir nicht an. Von 23456 km entfernt mit der Optimistin den Auszug nach der ersten Nacht in meiner Bude verhandeln. Nein danke. Next please!
Ich lege eine Pause mit der Suche ein. Kein Bock mehr. Der Druck ist jetzt auch weg. Ich habe noch kein Flugticket. Alles easy. Bevor die Wohnung nicht untervermietet ist – wird nicht geplant. Und somit bin ich entspannter.
Und ich weiß, dass der/die Untermieter*in immer früher raus kann/will. Aber so schon zu starten ist Schwachsinn. Ich weiß ja selbst nicht, ob ich nach 2 Wochen wieder zurück will und mir verzweifelt einen 9to5 Job im öffentlichen Dienst suche. Ich lache laut. Ich freue mich drauf.
Ich habe schon die Genehmigung der Hausverwaltung – das ist schon mal gut. Da habe ich ja auch zwischendurch gedacht, dass sich das zu einem längeren ‚Das ist aber mein Recht!‘ ausweitet. Es war nicht so. Das Servicetelefon des Mietervereins hat mich beruhigt: ‘Frau Klamm, ist doch noch gar nichts passiert! Beantworten Sie doch einfach die Fragen der Hausverwaltung und dann sehen wir weiter!’. Diese Mitgliedschaft seit 2018 hat sich schon ausgezahlt. Kann ich nur empfehlen. Besonders, wenn dieser Gebäudekomplex irgendwann abgerissen werden soll. Das wird ein Spaß. Vielleicht ist das meine Altersvorsorge! 17 Stockwerke je durchschnittlich 15 Wohnungen. Ein Hotel, Studentenwohnheim und Büros und Ladengeschäfte auch dabei. Ein 60er Jahre Architekturtraum soll platt gemacht werden. Mit lebenden Mieter*innen, die seit 50 Jahren hier wohnen. Ich möchte eine Abfindung von 75.000 EUR. Ich danke und freue mich drauf. Ka-Ching (Ja, so schreibt man das. Nicht Katsching. Ich war auch erstaunt. Lautsprache einfache Sprache.)
Und dann hatte ich noch eine Besichtigung. Über drei Ecken von jemand, der den kennt. Ok, sowas wollte ich. Na dann mal los. Unkompliziert. Unverkrampft. Jesus sei Dank! Und dann kam der Satz (bissl anders, aber so hab ich’s gehört! Und es zählt immer, leider, was B versteht! Das habe ich in 3 Jahres laterales Führen schmerzlich jeden Tag erfahren müssen.): ‘Ja, geil. Nehm‘ ich!’. Herzlichen Dank! Ich schreibe aber hinterher nochmal, dass wir eine Nacht drüber schlafen und uns dann melden. Und mit dem Job in der Heimat von Söder muss auch noch alles organisiert werden. Mach in Ruhe! Ich habe mittlerweile die Ruhe weg.
Jetzt habe ich ein gutes Gefühl und hoffe, dass es für beide passt.
Wird! Und wenn nicht, dann ist das auch ok. Dem Problem widme ich mich, wenn es soweit ist.