Ich bin in Swakop und ich habe keine Ahnung, wie ich den Rest des Septembers noch gestalte. In Windhoek wollte ich auf jeden Fall nicht bleiben. Eine lange Safaritour ist von meinem Budget nicht mehr drin und eigentlich bin ich auch schon satt. So viel erlebt und gesehen. Was will ich denn jetzt noch? Geld und (mehr) Liebe kann ich immer gebrauchen. Aber das ist ein anderes Thema. Nochmal Surfcamp und dann noch was? Aber was? Und wann geht’s wieder nach Berlin, um mich mit der Hausverwaltung zu streiten? Was will ich? Wie will ich es? Ich weiß es doch auch nicht. Ich entscheide entspannt an der Küste in Namibia noch nicht, wie es weitergeht. Erstmal Teechen und abwarten. Das ist auch, was ich gelernt habe. Aushalten. Erspart mir unüberlegte Entscheidungen und gegen meine Bedürfnisse zu handeln. Ich habe so viele Optionen. Mist. Nochmal in den Süden? Oder Norden? Oder bis zum Rückflug surfen. Ich schlafe eine Nacht drüber? Noch länger bleiben und meinen Geburtstag auf dem Surfbrett feiern? Vom Etosha Nationalpark wird geschwärmt. Der Klassiker in Namibia. Tiere sehen. Hm …Ich bin ehrlich und ich könnte mich auch einfach in einen Raum einschließen und schlafen. Ich habe so viel, was ich noch verarbeiten kann, möchte und sollte. Ok, jetzt ist es soweit. Eingemurmelt an der kalten Küste, treffe ich eine Entscheidung. Eine 3 tägige Safari nach Etosha. Von Swakop geht’s los und die Tour endet dann in Windhoek. Check. Vorher nochmal 7 Tage Surfcamp. Und nach Etosha? Nichts überstürzen. Ich beginne mein Surfcamp und verlange von mir nichts anderes. Ich hänge als Longterm im Hostel ab. Strand, Teechen, Surfen, UNO-Abende und Musik. So ist es fein. Ich gebe beim Surfen nicht auf. Niemals. Ich will das. Und der Einsatz lohnt sich. Mein Ego habe ich nun auch bearbeitet und nehme es nicht mehr so schwer, dass ich einfach immer und immer wieder aufs Brett muss, um besser zu werden. Neue Technik, neue Einstellung und den Spaß nicht vergessen. Es klappt. Ich werde dafür belohnt. Jetzt heißt es nur noch stehenbleiben und Balance halten. Denkt nicht, dass ich jetzt surfe …was ihr euch denkt?! Aber ich schaffe es mehrmals, nacheinander zu stehen. Ich bin stolz. Das Wetter und die Wellen entscheiden auch immer noch, wie die Bedingungen sind. So ist es ja nun nicht. Seelöwen und Delphine sind manchmal auch dabei. Alles ist Routine. Ich, Swakop, surfen, essen, Spaziergänge und mit den Hunden aus dem Hostel abhängen. So richtig kann ich mich auf meine Safari noch nicht freuen. Ist immer noch unter der Kategorie ‘Irgendwas noch machen’ gelistet. Ich stehe dazu. Erstmal Mikado spielen. Das Spiel habe ich im Schrank im Gemeinschaftsraum entdeckt und ich erinnerte mich an meine Kindheit. Jetzt heißt es (fast) jeden Abend: Eine Runde Mikado! Dazu gute Mucke, Teechen (Ich trinke viel Tee.) und vielleicht ein Bierchen. Ich bin im Trott und das ist genau richtig. Keine Aufregung. Alltag. Und irgendwann muss ich dann meine Sachen packen, um Tiere zu gucken. Reicht. Ne, reicht eben nicht. Ich habe noch eine wunderschöne Begegnung mit einem jungen Mann. Wo kommst du denn jetzt her? Huch! Mit dir habe ich ja so gar nicht gerechnet. Ich lade ihn dazu ein mitzuspielen. Ich bin halt sozial. Wir quatschen und verstehen uns. Also meine Perspektive. Es gibt immer zwei! Er ist morgen beim Surfen dabei. Ich mag ihn einfach. Ich darf mir noch sein umgebautes Auto angucken. Schlafen im 4 x 4. Alles selbst gebaut. Mal eben so, bevor es losging. Na klar, was sonst. Er könnte viel mehr flexen, als er ahnt. Bescheiden. Das treibe ich ihm noch aus. Ist ja kaum auszuhalten. Und dann begegnest du Menschen, die mit jedem Scheiß angeben und Monologe führen: Ich bin alleine durch Thailand. Ich habe schon ein Krokodil gestreichelt. Ich bin ..Ich habe ….Ich kann …Ich habe schon … Ich. Ich. Boah. Wer nicht? Stundenlang hätte ich noch mit ihm quatschen können. Aber jetzt ist Feierabend. Mikado spielen macht müde. Und die Tage starten um 7 und enden hier um 21 Uhr, wenn mal keine ‘Party’ angesagt ist. Wir sehen uns am nächsten Morgen wieder. Ich weiß gar nicht mehr, wie das alles begonnen hat, aber ich fühle mich wohl bei ihm. Ich kann einfach ich sein – und das ist immer ein gutes Zeichen. Keine Gedanken ans Flüchten, kein Zumachen, keine Show. Sondern eine Nähe, in der ich frei, ehrlich und mir selbst ganz nah bin. Erfrischend, neu und so wichtig für mich. Nach dem harten Training auf dem Brett gehen wir was essen …ach ne … Wir waren erst noch eine Dichtung für sein Auto kaufen. Es kommt zu viel Staub rein. Na gut, ich bin dabei. Danach Käffchen, Teechen und was für den Magen. Und natürlich will ich auch dabei sein, wenn die Dichtung angebracht wird. Wir sind ein gutes Team. Nun gut, ich habe nicht geklebt. Aber kommentieren kann ich. Was als nächstes? Wir verbringen doch jetzt weiter den Tag miteinander, oder?! Über eine Stunde mit Drink und deutschem Hip Hop in seiner Karre, die auf dem Hof des Hostels steht. Wir landen bei Klassikern von Kool Savas und Aggro Berlin und machen dann aber auch mal eine Hörprobe von Songs nach 1945! Komm, lass uns einfach losfahren und die Welt gemeinsam erobern. Ein Couple-Day. Das hat er selbst so genannt. Genau, das war es. Die nächsten zwei Tage wird das nicht anders. Ich genieße seine Gesellschaft. Café Anton, mein Lieblingscafé in Swakop. Ein spontaner Ausflug an die Küste Richtung Norden. Danke, dass du mich mitgenommen hast. Der Sonnenuntergang war jetzt nicht erwähnenswert. Aber die Gesellschaft auf jeden Fall. Snackbox auf und ein Cidre. Was willst du mehr?! Gefühlt habe ich Wochen mit ihm verbracht, weil es so intensiv war. Für mich. Gute Gespräche. Einblicke in unser Leben. Das muss nicht enden. Wirklich nicht. Aber es kommt der Tag, an dem er weiterzieht. Ich habe kurzen Trennungsschmerz. Wie jetzt ohne dich den Tag planen? Na gut. Ich werde es überstehen. Mach’s gut! Ich danke dir für diese schönen und vertrauten Stunden und Tage. Ich werde dich nicht vergessen. Ich versuche wieder alleine klarzukommen. Surfen. Wie immer. Gut. Ablenkung. Und ich mache mir Gedanken, dass ich auch Bock hätte weiterzureisen …Auto und los. Aber meine letzten 12 Monate waren so und das ist auch gut so. Mal sehen, wie es mit mir weitergeht. Ich schweife ab …ich weiß. Ich sag doch, dass ich mit dieser Begegnung nicht gerechnet habe.
Also …Ich habe noch zwei Tage Pause nach meinem Camp und das ist dringend notwendig. Blutende Knie. Knöchel verstaucht. Blaue Flecken. Alles schmerzt. Voller Einsatz für meine neue Leidenschaft. Ich schlafe nur. Frühstück. Schlafen. Das ist kein Powernap mehr, sondern totale Erschöpfung. Nicht nur Körper, sondern auch mein Geist braucht Ruhe. Abfahrt morgens in den Norden zu den Tieren. 5 Stunden im Auto. Ein Traum. Einfach nur aus dem Fenster starren und Musik hören. Das brauche ich jetzt dringend. Ich bereite mich seelisch auf eine neue Gruppe vor: Hi, I am Frau Klamm! Blah Blah Blah …Und ich werde belohnt. Wir sind nur 4 Frauen und ein Guide. Eigentlich können 12 Personen an dieser Tour teilnehmen. Platz im Van und nur 5 neue Leben. Das ist zu schaffen. Plan ist es, im Nationalpark zu campen. 3 Mahlzeiten am Tag werden gestellt. Dazu Zelte, Kissen und einen Tag mit einem Safari-Auto durch den 22.935 km2 großen Nationalpark fahren und Tiere gucken. Wir kommen am Gate an und müssen offiziell einchecken. Alles reguliert. Ich habe mich vorher bei anderen Reisenden erkundigt, ob das ein Zoo ist. Wie das alles konzipiert ist. Nein, kein Zoo. So gar nicht. Voll schön. Hm ..ich ahne, dass ich anderer Meinung sein werde. Aber ich gucke mir das erstmal an, bevor ich wirklich weiß, dass es ein Zoo ist. Ja, bei einem Zoo werden die Tiere in einer Parkanlage gehalten und die Öffentlichkeit kann gaffen. Also die Tiere kommen zu den Menschen. Unfreiwillig. Und in Etosha dringen die Menschen in das Territorium der Tiere ein. Ganz anders. Etosha ist ein Naturschutzgebiet und auch eingezäunt. Elefanten wurden wieder zurückgeholt und gezüchtet. Also so natürlich auch nicht mehr. Künstliche Wasserlöcher, wo die Tiere trinken können. Gut, damit sie überleben. Aber auch ein Wasserloch mit Tribüne für Zuschauer. Schrecklich. Ja, du erlebst gerade ein Abenteuer und beobachtest wilde Tiere? Ich denke nicht.
Wir fahren zu unserem Campingplatz, was einem Robinson Club ähnelt. Pool, Restaurant, Shops …von Budget-Camping (Wir!) bis hin zu einer Hütte mit Balkon mit Blick auf das Wasserloch am Rande vom Camp. Nicht euer ernst. Wir sehen bei der Ankunft schon alles: Giraffen, Elefanten, Oryxe …was noch. Nashörner …Zebrase (Falsches Plural, aber ich finde es so einfach witziger!) …Ok, reicht. Wir können dann wieder abfahren. Mir reicht’s. Ganz ehrlich. Nein, ich bin ein Teil einer Gruppe und jetzt abbrechen ist nicht so einfach. Morgen den ganzen Tag gaffen. Ich fluche innerlich über dieses Konzept, aber trotzdem nehme ich ein Erfrischungsbad im Pool. Der ist ja nun schon mal hier. 36 Grad. An der Küste habe ich gefroren. Jetzt Hitze. Unsere Zelte werden für uns aufgebaut. Unser Guide bereitet das Essen vor und wir können den Sonnenuntergang an dem besagten Wasserloch (Künstlich!) beobachten. Hunderte von Menschen mit ihren ¾-Hosen und 7.790$ Kameras sind auch schon da. Elefanten und Giraffen trinken. Beeindruckend, keine Frage. Aber für mich nicht echt. Ich gucke mir die Meute an, also die Menschen. Die Augen sind nicht auf die Tiere gerichtet, sondern das Foto ist wichtig. Kilck, klick …Pressekonferenz der Tiere. Essen und schlafen. Die Weißen reihen sich mit ihren gemieteten 4 x 4 Autos eng an eng auf dem Campingplatz. Überall riechst du Bier und Frisches vom Feuer. Ich schlafe sensationell. 7:30 Uhr Abfahrt. Game-Drive. Wasser auffüllen und los. Der Wagen ist für 12 Personen gebaut. Aber wir sind nur 4. Chillig.

Meine Etosha-Freundinnen reichen mir ungefragt ihr Fernglas. Danke. Ich mache 3 Fotos. Dann gebe ich auf. Tier-Overload. Ihr macht das schon. Löwen haben ganz frisch einen Springbock gerissen und fressen. Blutige Mäuler. Wir stehen über eine Stunde und gucken uns das an. Ach, ne …fotografieren das. Versteht mich nicht falsch, ich bin tief beeindruckt und dankbar, einen Einblick in diese Tierwelt zu bekommen. Giraffen rennen sehen. Nashörner rotzen auf die asphaltierten Straßen und gucken uns vorwurfsvoll an: Was ihr hier macht, haben wir gefragt! Aber ich fühle mich nicht wohl. Es ist für mich falsch. Andererseits ist es natürlich auch ein Schutz für die Tiere. Würde es diesen Park nicht geben und das Sicherheitskonzept für Tiere und Menschen, dann würden die Menschen wildcampen und alles verdrecken. Die Einfuhr von Plastiktüten ist zum Beispiel streng verboten. Unser Van wurde am Gate durchsucht. Pause. Lunch. Und nochmal am Nachmittag. Ich gucke mir Zebrase und hässliche Warzenschweine an. Kanntet ihr das Tier Kudu? Ich nicht. Am zweiten Abend nochmal ans Wasserloch nur wenige Meter von unseren Zelten. Absacker. 5 Löwen sind am Start. Uhhhh …die Giraffen trauen sich nicht ans Wasserloch. Besser is. Die Löwen beobachten uns, die Menschen, während sie trinken. Gruselig. Also ich sehe hier kein Problem, dass sie einfach zu uns gerannt kommen und uns töten. Klick …klick klick. Letztes Abendessen. Spaghetti Bolognese. Und ab ins Bett. Ne, also ich unterstütze diesen ganzen Rummel nicht. Aber ich weiß auch, dass sich das nicht stoppen lässt. Overtourismus. Ich weiß, dass es in den Tieren gut geht und sich gekümmert wird. Aber es bleibt Fakt, dass sie eingesperrt sind und definitiv ein Trauma von den fahrenden Autos haben müssen. Nicht natürlich. Uschi, Susi, Rainer, Pamela und Ursula aus Baden-Württemberg und Argentinien werden aber immer wieder kommen und das sehen wollen. Ich lausche einem Gespräch neben mir, als ich schon im Zelt liege: Also die Oryxe waren faszinierend! Amazing! Unbeschreiblich! Wir haben letztens auch eins gegessen. Köstlich!
Nein, Danke!