Jeder in seinem Rhythmus. Aber alle fahren die gleiche Route. Grob. Ja, du kannst auch noch Abstecher woanders hin machen. Letztendlich bleibst du aber auf einer Strecke. Du startest im Norden oder Süden und dann im Uhrzeigersinn oder entgegengesetzt. Man reist eigentlich in einer Gruppe, weil du alle bei der nächsten Station wieder in einem Hotel triffst. Greymouth habe ich ausgesucht, weil ich keine 8 Stunden im Bus sitzen will. Aber jetzt weiß ich, dass das Unsinn ist. Denn Bus fahren in Neuseeland ist so vorbildlich und entspannt. Ich hatte noch die Fahrten in Australien und Korea in Erinnerung. Hier macht man alle 2 Stunden eine Pause. Dann einen längeren Stopp, weil der Busfahrer wechselt und zwischendurch Stopps an Aussichtsplattformen, wo man die Schätze von Neuseeland sehen kann. Eine Fahrt von 5 Stunden kommt mir vor wie 10 Minuten. Das muss man erstmal schaffen. In Greymouth kannst du einen Zug nach Christchurch buchen und über die Alpen fahren. In der Hauptsaison ist der knackevoll – jetzt sitzen da nur 20 Leute drin. 4 Stunden Fahrt. Mit einem verglasten Dach. Schick. Mal schauen, ob ich das noch mache. Ansonsten bin ich jetzt an der Westküste und der Strand ist unendlich. Menschenleer.

Die Stadt ist so klein. Ich fange an das zu genießen. Frau Klamm wird ein Dorfkind. Oder war es schon immer? Ich werde vom Busbahnhof abgeholt. Mit einem Schild: Frau Klamm! (Nein, stimmt nicht ganz!) Luxus. Sonst hätte ich 20 Minuten laufen müssen. Ein leeres Hostel, aber vom feinsten. Eine große Anlage. Ich frage mich aber, wer hier vorbeischaut. Eine Pause machen, Küste und Mountainbike kann man hier. Und genau diese Route suche ich mir auch zum Wandern raus.
Greymouth: Ich mache mich früh fertig. Um 7 Uhr. Der West Coast-Trail. Steine. Steine. Steine. Meer. Meer. Unendlich. Das Meer und ich. Ich wandere stundenlang und irgendwann geht der Weg an der Hauptverkehrsstraße lang. Da entscheide ich, dass ich das nicht mehr will und drehe um. Reicht auch. Stundenlang keine Menschen. Wie auch. Einwohner in Greymouth knapp 15.000 und Nebensaison. Das ist die größte Stadt an der Westküste. Also weiß du Bescheid. Das ist das NYC der Westküste. Am steinigen Strand breche ich mir fast beide Knöchel trotz den sichersten Wanderschuhen von die Welt und auf dem Markt. Ich sammle Müll am Strand auf. Wenn ich diese Schweine erwische. Verreckt in der Hölle. Das Wetter schwingt oft um. 4 Jahreszeiten an einem Tag, so sagt man hier. Genau so ist es. Ich komme fix und fertig im Hostel an und bin wieder mal selig. Ich beschließe, dass ich am nächsten Tag einen Day Off einlege. Also nichts machen, außer Serien gucken und essen. Es ist nicht einfach sich einzugestehen, dass man das mal braucht. Auch wenn man keinen Vollzeitjob hat. Ich reise Vollzeit. Auch anstrengend. Probiert es mal aus. Dann gebt ihr mir recht. Abfahrt nach zwei Nächten. Ich hänge am Abreisetag nach dem Check-out noch in der Bibliothek ab und laufe dann im Regen zum Bahnhof. Der Zug ist schon da und der Bus kommt auch. Weiter geht’s für mich mit dem Bus. Ein kurzer aber schöner Zwischenstopp. Muss man nicht hin, kann man aber. Auf nach Franz Josef!
Franz Josef: Boah, ich hatte hier eine gute Zeit. Damit habe ich nicht gerechnet. Ich erwarte nichts und bekomme dafür alles. Hier habe ich über meine Zeit am Gletscher geschrieben.
Wanaka: Und dann der Abschied von Franz Josef. Fand ich nicht so schön. Da hätte ich eine Weile bleiben können. Oder leben? Einwohner 400 und 4.000 Touristen am Tag. Damit habe ich mich beschäftigt. Massentourismus. Mount Everest ein krasses Beispiel. Das hat mich schockiert. Wusste ich alles nicht. Überschätzung in den Alpen. Selfiewahnsinn an den HotSpots. Einen Tag nur gelesen und Dokumentationen dazu angeguckt. Was ist die Lösung? Nachhaltiger Tourismus? Eintrittsgelder? Wie regulieren? Und ich mittendrin. Und Wanaka ist auch so ein Ort. Kann ich ja nicht wissen. #thatwanakatree. Koreaner und Japaner, wie ich sie kennengelernt habe, an einem Spot, um das EINE Foto zu schießen. Woher ich weiß, dass es ausschließlich Personen aus Korea und Japaner sind? Weil ich mit diesen Menschen in Kontakt komme. Stundenlange Fotosession. Ja, der Ausblick auf den Wanaka Lake und die Südlichen Alpen sind der Hammer. Ich kann mich auch nicht satt sehen und bin entzückt. Manche bleiben 5 Tage im Ort und manche bleiben 2h. Für ein Foto. Sie lassen wenigstens Geld da. Ein oder zwei Kaffee und Souvenirs, auch Funktionskleidung. Obwohl man schon mit der teuersten Outdoor-Garderobe ausgestattet ist – das ist mir schon in Korea und Japan aufgefallen. Über 1.000 EUR für Jacke und Hose, manchmal inkl. Schuhe. Nicht immer. Dazwischen Fotos. Mit Stativ meistens Koreaner. Das sind keine Vorurteile – ich war über einen Monat in Korea. Stativ ist Pflicht. Ich gehe an dieser Touriwolke vorbei. Ich habe mir einen Wanderweg am See rausgesucht. 20 Kilometer. Herrlich. Ich begegne 4 Personen in 5 Stunden. So muss es sein. Zurück im Stadtkern und es ist wieder Zirkus. Erste Reihe im Café mit Blick auf die Alpen. Und Einkaufstüten. Und alle starren auf ihre Smartphones. Hochladen in Echtzeit. Es ist so hart zu beobachten. Ich esse in dem leckeren Restaurant Big Fig. Kein Smartphone. Nur der Teller, ein Glas Sprudelwasser und ich. Das reizt natürlich. Und schon komme ich in ein Gespräch mit einem älteren Ehepaar aus Neuseeland. Die haben angefangen! Ich wollte nur essen. Ost- und West-Berlin, Kinderheime, Therapie im Alter …alles war Thema. Und er war beeindruckt, dass ich die Städte von Neuseeland schon in der richtigen Reihenfolge runterrattern kann. Sag ich doch. Das sitzt. Kann ich das auch mit deutschen Städten? Kiel, Berlin, Magdeburg, Düsseldorf irgendwo links und dann Tübingen unter Stuttgart und dann kommt so ein komisches Land …Bayern.

Wanaka ist ein Touristenort. Alles ist darauf angelegt. Ich bewerte das nicht. Mir fällt es einfach jetzt viel bewusster auf. Zermatt habe ich kennengelernt und andere Städte auch. Berlin kann das gar nicht so, weil wir groß sind und nicht das eine Stadtzentrum haben. Wanaka fühlt sich nicht überlaufen an. Ist vielleicht Ende Juni bis Juli was anderes. Dann startet hier der Skitourismus. Und wenn man die klassischen Wanderwege verlässt und weiter geht, dann ist man auch alleine. Mir fällt aber auch auf, dass die Gäste im Hostel nicht so schnell wechseln. Ich verlängere auch. Weil das Wetter gut ist und es einfach beruhigend ist, neben den Bergen aufzuwachen. Von überall hast du einen Blick auf die schneebedeckten Alpen. Faszination Berge. Na dann ist als nächstes doch eine Everest-Besteigung angesagt. Ich spüre es. Ein Tag sitze ich einfach 5 Stunden am See und gucke in die Natur. Zwischendurch lese ich und komme mit Einheimischen ins Gespräch. Ich bekomme sogar einen deutschen Filmtipp: Zwei zu eins. Keine Musik oder Hörspiel für mich am See. Einfach die Berge und das Wasser vor mir. Golden Retriever beim Spielen im See zugucken. So langsam komme ich auf den Geschmack in einer Kleinstadt zu wohnen, wo Natur in wenigen Minuten zu erreichen ist. Und nicht erst eine Stunde Ringbahn oder 45 Minuten mit dem M19 in den Grunewald. Ist Berlin überhaupt noch eine Option? Betonhölle. Na toll, Neuseeland, jetzt hast du mir Berlin versaut. Schönen Dank auch!
Nächste Station Queenstown.
PS: Wenn man Ländern ein Sprichwort zuordnen müsste, dann wäre es ‘Der Weg ist das Ziel’ für Neuseeland. Auf dem Weg durch dieses Land siehst du die Schönheit dieses Landes.
Deutschland widme ich den Spruch: Gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Australien: Good Vibes Only.
Japan: Von nichts kommt nichts.
Südkorea: Carpe Diem.
Nordkorea: Geteiltes Leid ist halbes Leid.
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