Ich bin nicht mehr allein unterwegs. Ich habe einen Freund, den ich vor über 12 Jahren in Berlin kennengelernt habe, in seiner Heimat Namibia, wo er jetzt wieder seit 7 Jahren lebt, besucht. Nicht eine Sekunde bereut. Ich konnte in das Leben hier voll eintauchen. Nicht nur als Tourist einfliegen und Touren mitmachen. Ich war ein Teil einer Familie und Freunden und deren Alltag. Unbezahlbar. Die Häuser und der hart erarbeitete Wohlstand. Kein Vergleich zu meiner Herkunft. Vergleichen kann man es aber auch nicht. Hier wird gearbeitet, bis man ausgesorgt hat und länger. Sozialstaat und Rente ist hier nicht. Du musst gucken wie du überlebst, auch wenn du nicht mehr kannst und älter wirst. Ein Hoch auf das Bürgergeld. Hier macht man Business. Was immer geht. Weiter weiter. Sparen sparen. Investieren investieren. Und dann habe ich die Chance, in dem Haus seiner Eltern an der Küste in Swakopmund zu verbringen. Also Sachen packen und ab an die Küste. Vorher besuchen wir noch seine beste Freundin, die außerhalb von Windhoek wohnt. Auf einer Farm ihrer Eltern, die ein Restaurant haben. Eine Familienfarm. Sie ist Designer und hat ihre eigene Kollektion: Nockel’s. Taschen, Kleidung und Accessoires für den Wohnraum. Sie verkauft ihre Produkte in Hotels in der Stadt, auf Märkten und Galerien und verdient dadurch. Jetzt denke ich mir, dass man doch einen Onlineshop aufmachen kann und alles verschiffen kann. Ne, ne. So einfach ist das in Afrika nicht. Hier kommt nichts an und verschicken ist auch umständlich und nicht einfach. Ich habe das natürlich durch meine europäische Marketing-Brille betrachtet. Hier läuft alles anders. Sie hat uns auf ein Frühstück in ihrer Hütte eingeladen und ihr Atelier gezeigt. Ihre Eltern haben eine Marktlücke entdeckt. Touristen, die immer und immer wieder nach Namibia kommen parken ihre Monsterautos für Safaris bei denen auf der Farm. Dafür nehmen sie 1 EUR pro Tag. Man kann das jederzeit kommen und sein Camper & Co abholen und sein hart verdientes Geld in Namibia ausgeben. Ich dachte so an 10 Camper, aber es stellte sich heraus, dass dort hunderte Fahrzeuge stehen. Business. Gut gemacht. 

Dann geht’s weiter zur Farm im Ort Wilhelmstal, wo Biltong verkauft wird. Das ist hier ein Grundnahrungsmittel. Jeder muss dort vorbei, wenn er an die Küste will. Man spricht Deutsch.

Der Laden ist voll. Ich habe noch eine Höhlenmalerei auf dem Weg zu unserem Ziel ausgesucht – Philipps Caves. Fein wandern. Was ich mir da aufgebrummt habe, wusste ich noch nicht. Aber geplant ist geplant. Biltong zwischen den Zähnen, gute Musik und auf geht’s auf nicht asphaltierten Straßen. Hitze und Staub. Schnell fahren, sonst kann man sich festfahren. Wir sitzen in einem Auto, das nicht ausschließlich für das Outback gebaut ist. Wir fahren auf eine Farm, wo sich die Höhlenmalereien befinden. Dort kann man sich auch einmieten oder einfach einen Tagesausflug machen. Man fährt durch einen bewachten Gate und meldet sich bei der Rezeption. Man spricht Deutsch. Sonnenshirt, Hut und nochmal schön eincremen.

Wasser und los geht’s. Über Stock und Stein. Ich keuche. In Malaysia war ich sehr faul. Ich gebe es zu. Schön meine 5 Minuten zickig sein, weil ich wieder mit dieser Hitze nicht klarkomme. Ich fange mich wieder und mein lebenslustiger Freund, dem die Sonne viel zu dolle aus seinem knackigen Hintern scheint, sagt mir auf sehr nette, aber bestimmte Weise, dass ich mich jetzt zusammenreißen kann. Recht hat er. In Australien sind die Malereien von vor tausenden Jahren hinter Absperrungen geschützt ….hier kannst du alles anfassen und eigentlich machen, was du willst, wenn du es bis dahin geschafft hast und den weißen Pfeilen gefolgt bist. Lediglich ein Schild von 1974 gibt dir Infos.

Mein erster Gedanke ist, ob die überhaupt echt sind und das nur inszeniert ist. Denn es ist nur ‘juristisch’ geschützt. Fotosession. Und zurück. Reicht auch. Hitze. Ekelhaft. Ich frage nach Trinkwasser an der Rezeption und es wird nur verwundert auf einen Hahn im Wüstengarten gezeigt. Lauwarm, aber ‘echtes’ Wasser. Ich nehme alles, was ich kriegen kann.

Hier willst du nicht verdursten.

Weiter Richtung Küste. Nach Swakopmund. Ich bekomme alles zur Geschichte und Fun Facts geliefert. Wir kommen an und direkt zum Haus der Familie. Es ist aus den 60ern und es wird als Ferienhaus genutzt. Es ist noch im alten Zustand. Man könnte noch mehr machen und alles ausbauen und renovieren, aber es reicht auch erstmal so. Wir quartieren uns ein. Man hat einen Blick auf den Atlantik. Die Luft. Nicht mehr so trocken wie in Windhoek. Erstmal Teechen und dann  geht’s los ans Wasser und Stadtführung. Im Sommer (also ab Dezember!) ist hier die Hölle los. Die Einheimischen kommen aus der Stadt Windhoek. Aus dem Landesinneren und machen sich einen schönen heißen Sommer an der Küste. Da brummt der Bär oder steppt er …wie war das nochmal? Wir gehen essen und die deutschen Namen …Hotels, Buchladen, Straßennamen, Restaurants …surreal. Für mich. Eine deutsche Stadt.

Ich habe mich nochmal bissl neu eingekleidet. Denn es ist kalt. Und Heizungen gibt es nicht in den Häusern. Und ich bin entzückt von der Kleinstadt. Natürlich spielt immer das Timing eine Rolle. Ich bin sehr glücklich und froh, dass ich nach Namibia gekommen bin und sauge dieses Land auf. Geschichte und alles. Eurozentristisches Denken hab ich aufgegeben. Nach 10 Monaten habe ich einen Freund an meiner Seite, den ich die letzten 7 Jahre nur noch über WhatsApp Video Calls treffen konnte. Wir lassen es uns gut gehen. Entdecken die Stadt. Einmal in den eiskalten Atlantik eintauchen (ohne Wetsuit) muss auch sein. Na gut. Uff. Dann ein Tee in meinem Lieblingscafé – Kaffee Anton. Inneneinrichtung wie in einer Kleinstadt im Westen von Deutschland. I would like to have a Mettbrötchen and a Nussecke, please.

Es wird Afrikaans, Deutsch, Englisch und Dutch gesprochen. Alles durcheinander. Touristen in ihrer Funktionskleidung, die ein paar Tage hier verbringen. Entweder vor oder nach einer Safari. Das liegt noch alles vor mir. Jetzt erstmal Einheimische spielen. Wir begutachten einen Ring bei einer Freundin, die Goldschmiede ist, im Laden und mein Freund gibt noch ein paar Änderungen durch. Ich nehme den Ring später wieder mit nach Windhoek. Ich bin Dienstbotin. Wenn man zwischen Küste und Hauptstadt pendelt, nimmt man was mit. Mit Freude. Fast jedes Geschäft hat ein Gitter vor dem Laden, wo man nur reinkommt, wenn der Summer gedrückt wird. Alles anders. Wir verabreden uns am Abend mit der Freundin zu einem Drink. Gerne. Aber erstmal den Sonnenuntergang in der ältesten Wüste der Erde bewundern. Nur wenige Minuten mit dem Auto steht man im Sand. Von der Stadt aus sieht man die Dünen. Ich kriege mich nicht ein. Namib.

Wusstet ihr das? Gebt es zu! Anstatt in den Grunewald mit seinen Kindern, Freunden und Hunden spazieren zu gehen …ab in die Dünen. Klar, ganz normal. Für mich nicht. Da stehe ich nun und klatsche in die Hände. Das mache ich, wenn ich glücklich bin. Ich bin überwältigt. Biltong reindrücken. Und gaffen. Die Dünen runterlaufen. Was willst du mehr?! Genau, ein Absacker am Atlantik. Mit Feuer und Savanna. Mein Freund und ich haben uns der Sucht Vape hingegeben. Macht einfach Spaß. Und jetzt treffen wir seine Freunde auf einen späten Drink. Hallo. Ich bin Frau Klamm. 42. Hab meinen festen Job in Berlin gekündigt und besuche jetzt Namibia. Schön euch kennenzulernen. Die Läden machen ab 16 Uhr zu. Restaurants und Bars um 22 Uhr. Mit wenigen Ausnahmen. Im Sommer, also Dezember, werden die Öffnungszeiten verlängert. Da lohnt es sich. Wir bestellen uns eine Pizza vom Restaurant nebenan und schlürfen unsere Drinks in der Bar und quatschen. Ein Freund der Goldschmiedin ist auch dabei. Er betreibt ein Hotel. Ich frage aus. Er will alles neu machen. Logo. Konzept. Alles. Na dann zeig mal her das Logo. Aber so geht das nicht. Mach mal so und so. Am Smartphone spiele ich in der Canvas App mehrere Versionen durch. So ist es gut. Du musst eine Story erzählen. Bed & Breakfast since 1994. Das kommt gut und muss mit in den Namen. Gespeichert. So wird’s gemacht. Die Stadt lebt vom Tourismus. Es darf auch gerne noch mehr sein. Ob ich für ihn arbeiten will, werde ich gefragt. Schauen wir mal. Gefällt mir hier und nach Deutschland zurück will ich auch nicht unbedingt. Er hat auch eine Farm. Alles für mich nicht vorstellbar. Er zeigt mir Videos. Ich bin definitiv ein Stadtkind. Wie Farm? Aber so fing alles an. Ab den 50ern kamen viele Weiße nach und siedelten sich hier an. Meist auf Farmen. Deutschland zerstört. Aber auch Engländer. Nicht nur die Deutschen sind die Bösen und die, die nach einer neuen Freiheit und einem neuen Leben suchten. Er spricht und versteht Deutsch ist aber Engländer. Er muss sich verabschieden. Um 5 Uhr aufstehen und eine Reisegruppe betreuen, die morgen eine Safari startet. Alles Service. In den Rezensionen auf Google wird der freundliche Manager gelobt. Ich habe natürlich alles recherchiert. Ich werde ihn wiedersehen, denn er hat mir angeboten, dass ich Touren über ihn buchen kann. Alles klar, ich komme auf dich zurück. Die Bar macht zu. 22 Uhr. Unfassbar. Wir mampfen unsere kalte Pizza auf einer Parkbank und lassen uns überreden, noch auf eine Party zu gehen. Taxi. Anschnallen. Ach Quatsch. Der Fahrer fährt und wurschtelt an seinen zwei Smartphones auf seinem Schoß rum. Es läuft ein tolles Lied. Shazam. Ist jetzt in meiner Namibia-Playlist. Ich sitze unbequem, denn ich sitze auf einer Geldbörse. Wir gucken rein. Mehrere Ausweise. Meine neue Identität, um in Namibia zu leben, witzeln wir. Ich suche mir eine Identität aus. Aber nein, wir geben dem Fahrer Bescheid und er ruft die Passagiere, die er vor uns gefahren hat, an. Und hier kommt die afrikanische Gelassenheit. Deutsche wären schon längst in Panik, wenn sie etwas verloren hätten. Hier nicht. Ein verwunderte Stimme, warum man sie anruft und was es wichtiges gibt. Ausweis verloren. Nö. Witzige oder besser gelassene Gegenfragen. Wir mit unserer deutschen Prägung kommen aus dem Staunen und lachen nicht raus. Sind ja nur Ausweise. Was soll’s. Fahrer regelt. Wir fahren durch die stockdunkle Stadt in die C-Zone. Mir werden Geschichten der guten alten Zeit aus ihrer Jugend erzählt. Hier und da haben wir abgehangen. In den 90ern. Alles klar. Die Straßen sind nur im Stadtkern asphaltiert. Der Rest sind sogenannte Seifenstraßen. Festgefahrener Sand. Angekommen. Das RAW-Gelände von Swakop (Abkürzung von Swakopmund). Durchschnittsalter 25. Ein paar Ü35 dabei. Weiß. Man hat sich auch kostümiert. Sonst hat man nicht die Chance dazu?! Jetzt denkt nicht, dass ich in einem vollen Club stehe. Ein Raum mit DJ und 30 Leute. 5 vor dem DJ-Pult. Berliner Luft aufgereiht hinter der Bar. Wir schunkeln mit. Man kennt sich. Küsschen links und rechts. Ist halt ein Dorf. Wir setzen uns und ich bekomme alles über Swakop erzählt. Mein Kumpel und seine Freundin schwelgen in Erinnerungen und ich bekomme eine Ahnung, wie dieses Land funktioniert – und das Zusammenleben dieser zwei Kulturen. Zum Thema Karneval komme ich noch. Das wird hier natürlich auch traditionell gefeiert. Dieser Mix macht mich bissl …alles komisch. Mit dem Taxi zurück. Wir bringen die Freundin nach Hause und wir laufen den Rest zu unserem Haus. Fix und fertig. Und Alkohol ist auch nicht mehr oft in meinem Leben. Dazu vapen. Dit haut rein. Ich entscheide in Swakop zu bleiben und die Surfschule zu besuchen. Vorher noch ein Ausflug zu den Salzminen in Walvis Bay. #Pinklakes.

Mein Freund reist ab und muss wieder arbeiten. Wir sehen uns später in Windhoek wieder. Ich entdecke jetzt das Surfen im Atlantik und ahne nicht, was das mit mir macht. Aber erstmal, bevor ich starte ….ein Red Cappuccino im Café. Rooibos Tee mit aufgeschäumter Milch. Lecker, sag ich euch. Die erste Surfstunde im Atlantik geht morgen los.