Endlich. Nicht, dass ich Alice unbedingt verlassen will. 50/50. Wird Zeit weiterzuziehen. Aber ich freue mich auf die 3h am Flughafen, wo ich alleine bin. Bissl hutscheln. Ne, denkt jetzt nicht, dass ich alleine sein will. Ich brauche einfach mal ein paar Stunden für mich. Gestern Nachmittag will ich meine Wäsche waschen. Zack Zack. Kreditkarte an die Waschmaschine halten. Genial. Habe kein Waschpulver. Alles riecht nach Honig und Lavendel. Ich nutze mein Shampoo für meine Waschsalonsessions. Dann ab ins Zimmer packen. So läuft das aber nicht. Ein witziger Schotte setzt sich zu der Kanadierin und mir. Er ist aus Aberdeen. Aus Aberbloodydeen?? Einer meiner Lieblingsszenen aus der Serie Absolutely Fabulous. Kennt er nicht. Zu jung. 24. Aber Schotten gehen immer, egal welches Alter. Wir verquatschen uns. Zack sind 3h um. Wie?! Die Kanadierin und er arbeiten beide in Australien und kennen sich schon. Haben auch schon einiges zusammen erlebt. Ich bin zu alt für Work & Travel in Australien, aber ich darf trotzdem ein Teil der Gruppe sein. Der Schotte, Cullum, fragt mich aus. Interessant. Wie ich meine 20er empfunden habe? What? Welchen Lebenstipp ich ihm geben würde? Was würde ich meinem jüngeren Ich jetzt gerne sagen? Welche Fähigkeiten sind bei mir am stärksten ausgeprägt ? Ich antworte und bin erstaunt über diese direkten Fragen. In der Wüste verdienen die jungen Leute bis zu 6000$ im Monat. Steuerfrei. Bekommen auch alles gestellt. Australien ist echt auf Personal aus dem Ausland angewiesen. Die arbeiten sich den Arsch ab (O-Ton!) und sparen. Warum habe ich das nicht in meine 20ern gemacht. Cullum will dann wissen, ob er ins Berghain kommen würde. Wir machen ein Rollenspiel. Ich bin der Türsteher. Er steht direkt vor mir. Er sucht sich als Requisit meine Filter, um seinen Ausweis an der Tür zu zeigen. Ist in Australien normal. Auch ich wurde mit meinem 42 nach meinem Ausweis gefragt. Haha. Er versucht verschiedene Posen. Fragt, ob er einen Anzug tragen sollte. Ich war das letzte Mal 1900 im Berghain, aber die Rolle als Türsteher in Berlin bekomme ich locker hin. Es vergehen 3h. Ich war doch auf dem Weg zum Zimmer, um zu packen. Dann treffe ich Thorsten. Ich habe ihn vor 2 Wochen genau hier in diesem Hostel schon einmal getroffen. Er fährt seit 23 Jahren nach Australien. Jedes Jahr. Für 6 Wochen. Wir verabreden uns für später, um uns zu berichten, was wir bisher erlebt haben. OK, bis gleich. Jetzt erstmal Wasser. Kurzer Snack. Das Hostel ist voll. Der Greyhound Bus hat heute 20 Leute bei uns abgeladen. Dann 2h ein Update mit Thorsten. Wir sitzen neben dem Pool, wo meine Wäsche trocknet. Sie war schon nach 30,677 Minuten trocken, nachdem ich sie aufgehängt habe. 23 Uhr. Ich wollte doch nur Wäsche waschen. Jetzt noch packen. So war das nicht geplant. Ich falle tot ins Bett und freue mich auf meine 3h mit mir am Flughafen. #metime
So läuft das aber nicht auf deiner Reise, Frau Klamm. Erstmal gehe ich zu irgendeinem Schalter. Check In online in der App 10 Minuten vorher. Da war ich früher auch anders drauf. Was ich hier entspannt und verpeilt lebe. Der zuckersüße Typ (Gay!), mit den schicken Nägeln in Pink zieht mehrmals meinen Pass durch. Mein Rucksack (16 KG!) habe ich schon auf das Gepäckband geworfen. Hm … Ich habe Sie hier nicht im System, sagte er mir mit einem wunderschönen Lächeln. Ich zucke nur die Schultern und sage: OK. Er will eine Lösung finden. Ich stehe am falschen Schalter. Es gibt 2 am Flughafen in Alice Springs. 2,5 Fluggesellschaften fliegen hier. Och, einfach an irgendeinen Schalter stellen, da wird mir geholfen. So bin ich mittlerweile drauf. Ich entschuldige mich ironisch, dass man das ja mal leicht verwechseln kann, wenn alle Logo rot sind. No worries, Frau Klamm! All Good! Hier ist immer alles gut! Liebs. Jut, dann setze ich mich. Auf geht’s. Sprachnachrichten abhören, bissl schreiben und Ruhe. Dann quatscht mich ein verwirrter alter Spanier an, dem fast alles aus der Hose guckt. Er fragt, ob er mir kurz mal was erzählen kann und Hilfe braucht. Klar, leg los. Er hat verschlafen und hat den Mietwagen jetzt einfach am Flughafen abgestellt. Und muss die Autovermietung anrufen, um ihnen Bescheid zu geben. Er hatte keine Zeit, den Wagen an den verabredeten Ort zu fahren. Wirr. Alles. Ich nicke. Er fragt, ob er mein Telefon nutzen kann. Ich gebe ihm mein Zweithandy, wo die australische SIM drin steckt. Hier, mach hinne. Er diskutiert nicht am Telefon, er informiert. Danke. Alles Gute. So, jetzt aber …Ruhe. Ich blicke nach rechts. Eine junge Frau fragt mich, ob er OK ist oder ob er noch Hilfe braucht. Ich berichte ihr, dass ich ihn noch zur Infotheke am Flughafen geschickt habe. Sie sollen ihn weiter betreuen. Er hat es nötig. Stempel: Verrückter Professor. Jetzt glaube ich, dass er vielleicht niemanden angerufen hat, sondern alles nur gespielt hat. Zuzutrauen ist es ihm. Und dann kommen wir ins Gespräch. So könnte ich meine Reise auch nennen Ins Gespräch kommen. Und Zack, wieder ein Leben und Austausch. Ärztin aus Florenz, 35 und kein Bock auf den Job, den sie ab 1.3. angenommen hat. Ich lerne viel über die Menschen in Italien und in welcher Region sie sich wie verhalten und Ansichten aufs Leben haben. Nichts anderes wie bei uns in Deutschland. Die Schwaben und die Norddeutschen. Überall das gleiche, nur dieses Mal auf italienisch. Ich werde und kann gar nicht mehr berichten, worüber wir uns unterhalten haben. Über alles. Eine kluge Frau. Dumme Menschen wimmel ich gleich ab. Dafür habe ich keine Kraft (mehr). Menschen, die Betreuung suchen und die jedes Wort persönlich nehmen und sich angegriffen fühlen. Ihr werdet kein Teil mehr meines Lebens sein. Nervt andere und sucht euch einen Therapeuten. Wir entscheiden nach 2h Session zusammen unser Gepäck aufzugeben. Schnatter schnatter schnatter. Sie warten auf mich, denn bei mir gibt es noch irgendetwas zu organisieren und umzubuchen. Ich bekomme einen Sitzplatz am Notausgang angeboten. Geil. Danke. Ich sehe bestimmt so aus, als ob ich Leben retten könnte, stimmt’s?! Dann schlendern wir gemeinsam durch die Security. Da habe ich bereits meinen Boarding Pass, der mir vor nicht mal 10 Minuten ausgehändigt worden ist, verloren. Was ist los mit dir, Frau Klamm?! In Australien kannst du unbegrenzt Flüssigkeiten ins Flugzeug mitnehmen. Ihr hättet mich mal am Flughafen Townsville sehen sollen, als ich noch schnell 1 Liter Wasser trinken wollte und mich das Personal komisch ansah und fragte, was ich da mache. Darlin‘, du kannst so viel Wasser mitnehmen, wie du willst.
Jetzt entscheiden wir uns noch ein bisschen durch die Shops zu bummeln. Wir haben beide keinen Platz für große Souvenirs. Ich kaufe einen Koala-Sticker. Ich stehe dazu. Und bald wird es ein Kuscheltier. Sie verzichtet. Vielleicht am letzten Tag, bevor es zurück nach Italien geht. Wir snacken unsere Reste aus dem Hostel. Schnatter, schneller, schneller. 3h sind wie 10 Minuten verflogen. Boarding. Wir winken uns zu uns verabreden uns beim Aussteigen nochmal zu sehen.
Von einer Begegnung zur nächsten. Dazwischen schlafen und aufs Klo gehen. Und bissl Sightseeing. So läuft das also? Aber ihr geht es genauso. Sie kam nach 8h Outback Fahrt ins Hostel und dann Session im Hostel mit zwei Italienern. Und jetzt ich. Es geht vielen so.
Jetzt sitze ich im Flugzeug. 2h Flug. Und verarbeite das Gespräch, was mir viel gegeben hat. Und gleich Ankunft Adelaide und Ziel Hostel. Achtung, Hostel. Begegnungen. Es geht weiter. Ich bin bereit.
Ich gebe zu, dass ich manchmal den Tränen nahe bin, weil es mir so gut geht. Ich war noch nie so glücklich in meinem Leben. Ja ja, ich bin in meiner Bubble. Ich weiß. Aber jetzt fühle ich mich so. Aber ich finde ja keine Zeit, mal in Ruhe zu heulen. Schönen Dank auch.