Ich gehe los …22 Uhr. Eine Drag Show sehen ist geplant. Gaybar gegoogelt. Alles andere kommt für mich nicht in Frage. Diese Bars mit möchtegern fancy Interieur und hippen Drinks. Ne ne. Lasst mal.  Macht mich alles nicht an. Langweilt mich schon, wenn ich daran vorbeigehe. Sorry Adelaide, aber das haut mich alles nicht um. Und besonders schlimm sind die koreanischen und japanischen Restaurants. Ist überheblich, ich weiß, aber wenn du da vor wenigen Monaten warst, dann wirkt das alles nicht authentisch. Gebt mir noch ein paar Jahre.

Mein Outfit. Mein T-Shirt, was ich seit 4 Monaten trage und in Adelaide seit 7 Tagen hintereinander. Ausgeblichen. Einmal mit der Hand gewaschen. Die Waschmaschinen im Hostel sind kaputt. Kein Bock zum Waschsalon zu laufen. Geht auch so. Darüber eine Merinowolle-Strickjacke aus Korea. Immer eine Erinnerung. Bissl kühl heute. Und sie verdeckt die Flecken. Und mein Rock, den ich seit Tag 1 in Australien trage, aber auch schon gewaschen habe! Und jetzt kommt’s … meine schicken TEVA-Sandalen. Zumindest in Schwarz. Die haben mir bisher gute Dienste geleistet. Beim Baden, außer im Pool, hatte ich die immer an. Kilometerlange Wanderungen durch die Wüste. Und jetzt in einem Gay-Club. TOI TOI TOI. Haarband, neue goldene Kreolen … Modeschmuck natürlich. Meine alten sind abgewetzt. Ohrringe trage ich jeden Tag. Dazu roter Lippenstift. Ich würde es eine schicke Travelerin nennen. Und es war klar, dass der Türsteher mich auf die Sandalen anspricht.

Mittags in der Stadt, nach dem Bibliotheksbesuch, bin ich spazieren gegangen und habe das Schild vor einem Club gelesen: Dresscode: Keine Basecaps. Ich sehe kein Schild, was mir das Tragen von Sandalen verbietet. Er guckt mich an und sagt nichts. Ich: Ich will die Drag Show sehen! Er guckt mich von oben bis unten an und sagt sowas wie: Mit dem Sandalen wirst du auf jeden Fall nicht so schnell hinfallen. Ja, Sicherheit geht vor. Er lässt mich rein. Einmal alles, wie am Flughafen. Wahnsinn. 20$ Eintritt. Miete und Gage müssen ja reinkommen. Da reg‘ ich mich nicht mehr auf. Die Location ist eine alte Kirche. Gut gemacht. Leer!! Naja nicht mal Ölf. Aber man weiß es nie. Jedes Land tickt anders. Ich suche mir eine Ecke. Whitney läuft. Lass es 20 Leute sein. Viele von denen schon hacke. Das habe ich schon gelesen. Hier wird gesoffen. Leute setzen sich einfach zu mir. Viel offener alles. Schön. Einer von denen arbeitet hier und kommt aus Spanien. Jung, alle! Man entschuldigt sich fast schon zu oft bei mir, dass es so leer ist. Ja, bei mir. Und das es nicht wie im Europa und Berlin ist. Ist OK. Reicht jetzt. Der Spanier zwinkert mir noch zu und entschuldigt sich nochmal. Sein Vater wohnt in Berlin. Am sonethingsomething-Platz. Ah ja. Viktoria -Luise-Platz stellt sich später raus. Er muss zur Bar. Ich frage ihn noch schnell, wann die Show losgeht. Kurz nach Ölf. Der Club ist jetzt OK voll. Geht noch mehr, aber ist halt so. Die Queens warten schon und es ist eine gute Show. Zweimal treten sie auf. Jetzt denkt nicht, dass ich mitgrölen kann. Denn ich kenne keinen einzigen Song. 90% im Publikum sind unter 30. Alle sind textsicher, außer mir. Ich shazame heimlich alle Songs. Ich hoffe, dass das australische Popikonen sind. Ansonsten bin ich definitiv raus, was die neueste Popmusik angeht. Zwei Songs kannte ich am diesem Abend: einer von Britney und einer von Whitney. Dieses Tik Tok von Kesha oder wie die heißt, ignoriere ich. Konnte ich noch nie leiden. Ich stehe wie Mutti am Rand und ich bin raus, definitiv. Ich kann damit umgehen! Wirklich! Wenn ich nicht alleine im Club wäre, also wenn ich mit einem Freund hier wäre – würd eich bestimmt tanzen, auch wenn ich die Songs nicht kenne. Ich bin mir aber nicht sicher! Setzt mich in eine alte Gay-Kneipe mit Ü40 jährigen und einer alten Jukebox, dann wird das was. Aber nicht mehr so. Ein 52 jährigen im Hawaii-Hemd lerne ich noch kennen. Ich finde es immer wieder faszinierend, dass Australier selbst noch gar nicht viel im eigenen Land unterwegs waren. Und ich bekomme einen Blick, den ich schon kenne, als ich ihm erzähle, dass ich im Januar 3 Wochen in Alice Springs und Yulara war. Wer macht das freiwillig?! Ich!

Ich sage leise zu mir: Das war’s, besser wird es nicht. Ich verlasse den Club und nun ja … Wie beschreibe ich das. Ich hab schöne Frauen auf der Bühne gesehen. Aber ansonsten … Ein kleiner Ausflug. Mein Hostel ist nur 17 Minuten zu Fuß entfernt. Ich mache aber einen Abstecher zum Park der Universität. In Berlin ist es kurz vor 16 Uhr. Ich rufe den Mieterverein ein, wo ich Mitglied bin. Warteschleife. Ich habe meinen Notizzettel mit drei Fragen zu der Modernisierungsankündigung, die bei mir reingeflattert ist, natürlich dabei. Nach 5 Minuten bin ich dran. Damit habe ich nun wirklich nicht gerechnet. Drei Fragen, drei Themen, drei konkrete Antworten. Das war’s, Frau Klamm? Das war’s! Ich war gut vorbereitet und ich brauchte nur ein GO!, dass ich jetzt so uns so reagieren muss. Ich grüße herzlich aus Australien und man beneidet mich. Dann ist das auch geregelt. Ich dulde die Modernisierung, aber lehne die Mieterhöhung (14€/qm²!!!!!!) schriftlich und fristgerecht ab. Das wird noch ein Fest. Ein Happy End für mich. Ablage erledigt.