Nächster Ort und wieder alles neu. Neues Hostel. Von einem vollen, jungen und lauten Hostel in ein riesiges, wo man die Nebensaison richtig spürt. Eine Küche für 200 Menschen und nur 50 Gäste sind vor Ort. Das ist ein ganz anderer Vibe. Routine. Kennen wir. Aus dem Bus. Rucksack schnappen und kurz überlegen, was man jetzt will. Ich wollte ein Frühstück und einen Tee. Ich checke Google und finde ein ansprechendes Café. Alles sehr gut. Lachs-Scone und English Breakfast Tea. Und noch ein Carrot Cake hinterher. Satt. Prima. Ab nach Hause. Alle gut drauf. An der Rezeption ist eine riesige Fensterfront zu einer Kletterwand. Ja, ich war auch klettern! Da staunt ihr, wa?! Kommentar vom Personal, dass ich aber sehr lange bleibe. 6 Nächte?! Ich berichte denen jetzt nicht, dass ich meine Menstruation habe und darum anders kalkuliert habe. Denn ich mag keine Transfertage, wenn ich blute. Den Stress tue ich mir nicht an. Ich nicke nur. Und ich bemerke es in den Tagen auch, dass die Gäste hier nur so durchrocken. Stress. Stress. Schleppen. Schleppen. 70 bis 90 Liter. Die süßen Püppys fallen fast hinten über. Ich gehe in mein Zimmer und freue mich. 90er Jahre, aber viel Platz und funktional. Routine Teil II. Nahrung besorgen, Angebote und Wanderwege raussuchen. Ich checke die öffentliche Bibliothek ab. Meine erste Station …ich mache es mir gemütlich. Und wieder die gleichen Szenen, wie in jeder öffentlichen Bibliothek, in der ich bisher war. Mein zweites Zuhause. Mein Arbeitsplatz. Also … Ich finde heraus, dass man hier Rafting-Touren im Kaituna River erleben kann. Gebucht. Bissl Bammel habe ich schon. Morgen um 12 Uhr. Ok, check. Was noch? Die Stadt Rotorua ist bekannt für die vielen Māori-Dörfer, die auch Führungen, Dinner oder besser beschrieben Shows aka Butterfahrten anbieten. Deswegen bin ich auch in dieser Stadt gelandet. Ich ziehe mir die Flyer, Webseiten und Imagefilme dazu rein. Ein klares Nein! Das kann ich nicht unterstützen. 200 Menschen wird dann Essen serviert, auf der Bühne bekommt man einen Haka (ritueller Tanz der Māori) und die Tāmoko (traditionellen Tattoos der Māori-Kultur) sind mit schwarzem Filzstift ins Gesicht gemalt. Nö, danke. Ich gebe dafür keine 100 EUR aus und würde mich nicht wohl fühlen. Ich kenne mich. Abgesagt. Nicht mit mir. Der Vortrag im Auckland Museum, den ich besucht habe, war sehr gut und authentisch: Indigene Künstler und Redner zeigten den Besuchern eine kurze Einführung in die Māori-Kultur. Das war sehr interessant und in einem Museum einfach eine angenehme Erfahrung, als mit dem Bus in ein Dorf gefahren zu werden …und dann muss ich auch noch Heizdecken kaufen?!

Die Stadt Rotorua riecht nach Pups – 24/7. Heiße Quellen. Pups-Bäder. Überall. Spa-Resorts für 3.567 EUR pro Minute oder du gehst in den öffentlichen Park und guckst dir diese Pupslöcher an. Ein- und ausatmen. Herrlich! Es blubbert und qualmt überall. Und du kannst in den kostenlosen Bädern im Park baden oder einfach deine Füße reinhalten. Habe ich mit 20 Fremden dann auch gemacht. So lernt man auch neue Menschen kennen. Kannte ich schon aus Japan. Aber nicht das Leute kennenlernen. Trauma. Das Gute ist, du kannst in der Stadt einfach pupsen und immer sagen, dass du das nicht warst! Musst halt leise einen fahren lassen, sonst verrätst du dich.

Der nächste Tag. Es regnet in Strömen, aber es ist warm und die Sonne strahlt. Ja, das geht. Um 12 Uhr holt mich der Shuttle ab. Es sitzt schon eine gut gelaunte Jugendgruppe (Bestimmt schon Ü23!) im Bus und schmettert Songs, die ich nicht kenne. Die Jugend! Ich werde herzlich und gut gelaunt begrüßt. Sympathisch. Na dann los. Wir kommen an und jetzt geht’s los …Anmeldung. Sicherheitsanweisungen und dann wird jeder ausgestattet: Helm, Wetsuit, Schuhe, Wetshirt und eine Schwimmweste. Kollektives Umziehen in einer Holzhütte. Ich schalte mein Hirn aus, denn so ganz wohl ist mir nicht. Anderen geht es auch so. Lass los. Lass zu. Bin ich mittlerweile sehr gut drin. Weiter. Gruppen werden in Busse gesetzt. Erstmal zum Fluss kommen, wo die Boote schon auf uns warten. Nochmal Regeln und Hinweise. Finde ich gut. Die Jungs, die das alles betreuen …sind schon nass und machen das am Fließband. 4 x am Tag. Respekt. Und immer die gleichen Sätze. Mehrmals wird auf die Möglichkeit eingegangen, dass man kentern kann und was dann zu tun ist. Wir werden einen 7 Meter tiefen Wasserfall herunterfahren …fahren? Fallen? Ist ja ein Wasser’fall’! Dann sind wir am Kaituna River und die Rafting-Boote stechen in dieser Natur heraus. Wir stehen nun am Ufer und werden aufgeteilt. Wir sind in der Gruppe von Ben! Ich bin bissl verknallt. Ich wollte auch zu ihm. Die anderen mochte ich nicht. Die brauchen Urlaub. Oder eine Gehaltserhöhung. Insgesamt sind es vier Boote, die gemeinsam starten. Paddel in die Hand gedrückt bekommen und jetzt Briefing von Ben. Wie wir sitzen nicht einfach nur? Ne, das wird harte Arbeit. Vorwärts und rückwärts paddeln. Drei verschiedene Sitzpositionen für die Fahrt, die wir einnehmen müssen und vorher üben. Ben wird uns Codewörter zurufen (Oder auch schreien!) und dann müssen wir spuren. Ich kann mein Hirn doch nicht ausstellen. Ich versuche eine gute Soldatin zu sein und diesen 7 Meter tiefen Wasserfall auszublenden. Ich schreibe diese Zeilen und spüre ein Stechen in meinem Brustkorb. Rechte Seite. Das ist ein Wehwehchen vom Rafting. Wenn ich das in 4 Wochen noch spüre, dann gehe ich zum Arzt. Versprochen. 

Nachdem wir also nochmal genaue Anweisungen bekommen haben und wir uns alle einmal im Trocknen beweisen mussten, dass wir alles verstanden haben – geht es noch nicht los. Was denn jetzt noch? Was ganz schönes! Alle vier Boote nebeneinander im Wasser. Ben erzählt etwas über den Fluss und die Bedeutung für die Māori. Ehrung. Respekt für das Land und die Natur! Atemberaubend übrigens. Wie gemalt. Ich hatte dann doch noch ein paar Augenblicke, um das wahrzunehmen! Dann folgt eine Art Gebet in maorischer Sprache. Von Ben! Man guckt dabei in die Natur oder schließt die Augen. Dann ein Schlachtruf …jetzt aber! Und die Ansagen von Ben gehen los: Paddeln! Paddeln! Jetzt rückwärts! Schneller! Jetzt vorwärts! Langsamer! …Und die ersten Hürden (So nenne ich das jetzt einfach …) kommen …das heißt für uns, paddeln und kurz vorher eine bestimmte Sitzposition einnehmen und das Paddel sichern. Diese Fahrt bestand aus Festhalten! Auf Kommando. Alles noch machbar. Bissl Wasser. Easy! Jetzt sind die 7 Meter Wasserfall vor uns! Ok, und jetzt nochmal die Theorie, wenn wir alle aus dem Boot fallen …was zu tun ist. Alles klar! Wenn man unter den Wasserfall kommt, dann einfach nichts tun und sich ausspucken lassen. Das habe ich schon beim Surfen gelernt. Die Natur sorgt dafür, dass du dich bewegst und angespült wirst. Angst habe ich nicht. Ich habe Respekt und will neue Sachen ausprobieren. Paddeln! Paddeln! Paddeln! Hinsetzen. Kinn in die Weste. Paddel festhalten und sich selbst auch an den Seilen am und im Boot. Alta! Diese Kraft! Diese Massen! Wasser! So viel Wasser ist mir noch nie in die Nase und in den Mund geschossen. Und gefühlt auch in mein Hirn. Du wirst so durchgeschüttelt. Wir sind nicht gekentert! Überlebt. 

Das bin ich mit dem weißen Helm. Ich schwöre.

Es folgte eine Strömung, die uns in eine sehr niedrige Höhle schießen wird …mir fällt nur das Wort schießen ein. Denn nichts anderes war das. Wir sollten versuchen uns so klein wie möglich zu machen! Ben, mein Lieblingsraftingkapitän…wie soll ich mich bitte klein machen?? Wie?? Also als wir auf diese kleine Höhle gesteuert sind …hatte ich Bammel. Aber auch geschafft. Jetzt haben wir die Möglichkeit bei einem nicht so tiefen Wasserfall uns an das Boot zu hängen. Von außen. Ja, du springst aus dem Boot und hältst dich an den Seiten fest. Ich zögere …ach scheiß drauf. Machen. Ich springe raus! Füße unter das Boot und Zehen müssen das Boot berühren. Diesen Wasserfall nennt man auch Legbreaker. Heftig, sag ich euch. Strömung und Wasser. Keine Chance. Ben zieht mich wieder ins Boot. Dafür Respekt. Mit einem Griff. Ben ist größer und stärker als ich. Ich sitze und sage laut: WHAT THE FUCK!!!??? 1,5h geht das so. Und ich bin froh, auch das ausprobiert zu haben. Zum Schluss müssen wir das Boot selbst zum Anhänger tragen, der die Boote für die nächste Gruppe zum Start bringt. Das hat uns den Rest gegeben. Nass und durchgerüttelt im Van und zurück zum Basecamp. Raus aus der Sicherheitsuniform. 

Es muss Geld verdient werden. Das verstehe ich. Es wurden Fotos auf dieser Tour von uns gemacht. Der Fotograf stand am Ufer und wir mussten auch zweimal posieren. Ich mache mit. Ich will den anderen das Foto nicht versauen. Ich bin so sozial. Ich bin fertig und hole meine Wertsachen von der Rezeption und die Managerin quatscht mich zu …ich verstehe es nicht. Ich sage ihr das auch. Sie wiederholt sich. Ich raffe nicht, was sie von mir will. Ich solle in den Van steigen – er fährt gleich ab und darum bekomme ich alles per Mail. Ich habe keine Zeit zu gucken. Was willst du von mir? Was soll ich tun? Ein Kollege von ihr mischt sich ein und er versteht mich, warum ich es nicht verstehe. Denn der Kontext fehlt. Jeder ist scharf auf diese Fotos und eigentlich versammelt man sich, nachdem man sich umgezogen hat, jetzt vor einem Screen und wählt seine Fotos aus und zieht dann seine Kreditkarte durch. Ich bekomme meine Fotos alle für umme per Mail zugeschickt …da mein Shuttle jetzt losfahren muss!! Die Jugendgruppe muss zurück und ich muss da mit, wenn ich nicht laufen will. Und daher bleibt mir keine Zeit in Ruhe Fotos auszuwählen. Daher bekomme ich sie alle kostenlos per Mail zugeschickt. . Aha. Mir waren die Fotos so egal. Aber jetzt habe ich sie. 

Ich hatte so gute Laune nach dieser Tour. Trotz PMS. Meine neuen Mitbewohnerinnen waren auch ganz schön verwirrt. Ein tolles Erlebnis. Massentourismus. Fließband. Aber authentisch. Jederzeit wieder.