Ich habe mich auf viele Kinder und noch anstrengende Eltern vorbereitet. Over-ear-Kopfhörer waren dabei. Audio-Guide auf Standby. Irgendein Kind ist mir immer zwischen die Beine gelaufen. Und wieder ein schöner Einblick in die sozioökonomischen Verhältnisse der Familien. Dass Eltern/Großeltern sich Zeit nehmen (können)! Und dann noch ins Museum gehen. Das zu sehen macht schon glücklich. Ab dem 7. Dinosaurier T-Shirt habe ich nicht mehr mitgezählt. Definitiv Hardcore-Fans an meiner Seite.

Ich starte. Ich glaube, ich habe Dinausarier gesagt, und zwar laut und mit einem Blick des Erstaunens, als ich in die erste Ausstellungshalle ‚Saurierwelt‘ reingekommen bin. Und ich glaube bis heute nicht, dass es ein echtes Skelett ist. Vor wie vielen Millionen Jahren sollen die gelebt haben? Ich ziehe mir zu jedem Skelett die mindestens dreiminütige Erklärung im Audio-Guide rein. Ich bin völlig überfordert. Denn über Dinosaurier habe ich noch nie länger als zwei Minuten nachgedacht und bei Terra-X habe ich noch nie eine Folge über diese Zeit gesehen. Und ich schaue viel Terra-X.

Der Junge neben mir quatscht seinen Vater über Tyrannosaurus rex und Brachiosaurus zu. Faszinierend, wie er das alles runter rattert. Ich nehme kurz meine Kopfhörer ab, weil ich ahne, was ich mir da anhören könnte. Der Vater hört das bestimmt nicht zum ersten Mal. Halte durch! Und im Deutschunterricht vielleicht nicht so gut, wie bei den Dinosauriern. Aber es zählt ja nicht. Kein Talent darf unentdeckt bleiben! Neue Unterrichtskonzepte müssen her. Oh Gott, was habe ich in der Schule gelitten. Dieser hohle Frontalunterricht.

Es gibt Eltern, die die ganze Zeit Fotos von ihren Kindern machen. Gruselig. Egal, was die Kinder machen, es wird einfach draufgehalten. Im schlimmsten Fall fallen Sätze wie: Stell dich mal so hin. Nein, nicht so! So nicht! Nicht den Bauch rausstrecken. Nach diesem Satz konnte ich mir einen vernichtenden Blick zur Mutter nicht verkneifen. Wer rettet diese Kinder?! Hilfe.

Der Ausstellungsbereich System Erde. Na schönen Dank auch. Bildungslücke deluxe. Plattentektonik krieg ich noch hin. Ich schwör‘. Rest. Nö. Ich ziehe mir beim Audio-Guide immer alles rein. Aber bei diesem Thema habe ich nach der dritten Erklärung aufgegeben. Ich sehe die 5 schon winken, wenn ich jetzt einen Test über das Gehörte schreiben müsste. Dafür bin ich gut in …

Ich hätte gar nicht nach Nordirland reisen müssen, um diese berühmten Basaltsäulen zu sehen. Nun gut, der Giant’s Causeway besteht aus rund 40.000 ineinandergreifenden Basaltsäulen. Macht schon washer. Die gibt es aber auch in Deutschland. Der Steinbruch in Dattenberg wurde 1978 stillgelegt. Und bei ebay-Kleinanzeigen kann ich Basaltsäulen kaufen. Okay.

Weiter. Evolution in Aktion. Uff. Wie cool sieht das denn aus: die Biodiversitätswand. Da frage ich mich, warum ich als Kind nie in diesem Museum war. Schnell ablenken. Missbildungen. Zebraarsch und ein Quagga. So viel zu lernen, zu entdecken. Erstmal ein Powerriegel. Aber heimlich. Ist hier nicht erlaubt.

Natürlich strengen auch die vielen Menschen an. Man ist nicht allein. Man nimmt Rücksicht und man steht zu viert vor einer Vitrine. Dazwischen tausende Kinder, die mit Ihren Fingern an den Glasvitrinen kleben. So geht Museumsbesuch.

Manchmal verstehe ich die Menschen einfach nicht. Eine erwachsene Frau fragt mich, ob ich den Audioguide höre. Und wenn ja, ob ich ihr sagen könnte, was das für ein Tier ist. Ich weise auf ihr Smartphone und den kostenlosen Audio-Guide hin. Überall sind QR-Codes, die auf den Guide aufmerksam machen. Und WiFi gibt es auch. Macht es euch doch nicht so schwer. Dieses überraschte Gesicht, was es für Möglichkeiten gibt, wenn man einfach mal seine Umwelt wahrnehmen würde. ‚Ach echt?!‘ ihre Antwort. Ja, echt! Nuss.

Ich stehe vor dem Video über einen toten Panda, der wieder zum Leben erweckt wird (Dermoplastik!), mit einem vielleicht 3-jährigen Kind. Ein schönes Bild und ich bin mir sehr sicher, dass wir das Gesehene ähnlich aufgenommen und verarbeitet haben.

Auf einem sehr tiefen (für Kinder?) Polsterhocker mache ich nach der Präparationskunst eine längere Pause. Nach Knut, Bobby und dem Video, wie ein Panda ‘ausgestopft’ wird, bin ich müde und gebe zu, dass ich das alles nicht erwartet habe.

Mein Körper steckt noch tief im Kindermöbel, da sehe ich schon von weitem die Nass-Sammlung. Sofort Energie.

Großartig gemacht. Rund eine Million Objekte in insgesamt 80 Tonnen Alkohol. Wir sehen hier nur einen Teil davon. Der Rest befindet sich in den Magazinen des Museums.

Dafür hat sich das Kommen auf jeden Fall gelohnt. Ich bin entzückt und zufrieden. Aber das Spannendste kommt erst noch. Die größte Mineraliensammlung Deutschlands. Puh. Die Vitrinen aus dem 19. Jahrhundert sind schick. Und ja, Respekt an Alexander von Humboldt. Eine*r musste sich ja damit mal beschäftigen. Ich nicht.

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